Gallati «not amused»

Berner Uni-Studierende schreiben Klage für Aargauer Flüchtlingsfamilie

17.03.2023, 07:49 Uhr
· Online seit 17.03.2023, 07:49 Uhr
Drei FDP-Grossratsmitglieder aus dem Kanton Bern stören sich daran, dass Studierende der Uni Bern eine Beschwerde gegen einen Entscheid des Aargauer Sozialdepartements eingereicht haben. Die Berner Regierung sieht aber keinen Anlass, sich zu entschuldigen.
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Eine sechsköpfige Flüchtlingsfamilie aus Syrien, die im Kanton Aargau lebt, hat beim Regierungsrat eine Beschwerde gegen die tiefen Sozialhilfeansätze eingereicht. Nun wird die Beschwerde im Kanton Bern zum Politikum, weil sie von Jusstudierenden der Uni Bern im Rahmen der «Human Rights Law Clinic» verfasst und von deren Professor, Alberto Achermann, unterzeichnet wurde. Die «Human Rights Law Clinic» bietet Jus-Studierenden die Möglichkeit, bereits während des Studiums an realen Fällen zu arbeiten mit dem Fokus auf menschenrechtliche Fragen.

Der Umstand, dass die Universität Bern aktiv Beschwerdeverfahren gegen einen Behördenentscheid eines anderen Kantons führe, stosse bei den betroffenen Behörden auf Unverständnis. Das schreiben drei Berner FDP-Grossratsmitglieder in einer Interpellation.

Gallati war offenbar «wenig amused»

Sie kritisieren, dass eine kantonale Institution in die Hoheit eines anderen Kantons eingreife, und wollten von der Berner Regierung wissen, woher die Uni die Legitimation für ein solches Vorgehen nehme und ob der Regierungsrat bereit sei, sich bei der Aargauer Regierung zu entschuldigen.

Denn wie «20 Minuten» berichtet, war der Aargauer Regierungsrat über die Einmischung «wenig amused». Sozialdirektor Jean-Pierre Gallati höchstpersönlich habe ihm sein Unverständnis über das Vorgehen der Uni Bern mitgeteilt, sagt einer der Interpellanten, Christoph Zimmerli, zum Online-Portal. Gallatis Departement will sich auf Anfrage der AZ nicht dazu äussern.

Zimmerli kritisiert weiter, die Uni gefährde mit dem Beschwerdeverfahren im «höchst heiklen und aufgeladenen Feld der Flüchtlingspolitik» ihre politische Neutralität. «Es ist der denkbar falsche Bereich, um mit Studierenden solche Übungen durchzuführen», sagt er zu «20 Minuten».

Berner Regierung sucht Gespräch mit Uni-Leitung

Der Berner Regierungsrat schreibt in seiner Antwort auf den Vorstoss, er begrüsse grundsätzlich eine praxisnähere Ausbildung der Juristinnen und Juristen. Er nehme die Bedenken der Grossrätin und der Grossräte aber ebenso ernst und sei bereit, mit der Universitätsleitung «die potenziellen politischen Risiken zu erörtern».

Auch wenn Alberto Achermann die Beschwerde als Rechtsanwalt eingereicht habe, so sei sich der Regierungsrat bewusst, dass sie nach aussen dennoch der Rechtswissenschaftlichen Fakultät zugeordnet werden könnte und dadurch gewisse Reputationsrisiken bestehen.

Der Berner Regierungsrat habe aber keine Kenntnis von Irritationen der zuständigen Aargauer Behörden und sehe auch keinen Anlass, sich bei der Regierung des Kantons Aargau zu entschuldigen.

Alberto Achermann stellt gegenüber «20 Minuten» klar, die Uni begebe sich nicht auf staatspolitisch heikles Terrain. Vielmehr trage die «Human Rights Law Clinic» zur Durchsetzung der Menschenrechte bei.

Die Beschwerde der Studierenden ist übrigens immer noch beim Regierungsrat hängig.

(Aargauer Zeitung/Noemi Lea Landolt)

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veröffentlicht: 17. März 2023 07:49
aktualisiert: 17. März 2023 07:49
Quelle: Aargauer Zeitung

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