Bern

Gampelen: Rücktrittswelle in Gemeinderat und Verwaltung

Schlechte Stimmung

«Werden beschimpft» – Kündigungswelle in der Gemeinde Gampelen

19.06.2024, 09:06 Uhr
· Online seit 19.06.2024, 04:45 Uhr
In Gampelen am Neuenburgersee kommt es zu einer Rücktritts- und Kündigungswelle. Nach der letzten Gemeindeversammlung treten drei Gemeinderätinnen zurück, in der Verwaltung kam es zuletzt ebenfalls zu drei Kündigungen. Was ist los in Gampelen?
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Gampelen ist eine kleine und beschauliche Ortschaft im Berner Seeland mit gut 1000 Einwohnerinnen und Einwohnern. Trotzdem sorgte die einzige Berner Gemeinde am Neuenburgersee zuletzt immer wieder für Schlagzeilen. Insbesondere der Streit rund um die Aufhebung des Campings Fanel wegen Umweltauflagen sorgte weit herum für Aufsehen.

Nun steckt rund um die Gemeindeverwaltung und im Gemeinderat der Wurm drin. Wie die Gemeinde mitteilt, haben drei von fünf Angestellten der Verwaltung, darunter die Gemeindeverwalterin, ihre Kündigung eingereicht. Ausserdem haben zwei weitere Gemeinderätinnen nach der Gemeindeversammlung vergangenen Freitag ihren Rücktritt angekündigt. Gemeindepräsident Eric Dietrich gibt zu: «Die Stimmung im Dorf ist schlecht.»

Gemeindeverwalterin: «Werden beschimpft»

Genug von der schlechten Stimmung hat das Personal auf der Gemeindeverwaltung. Gemeindeverwalterin Monika Sauter und zwei weitere Mitarbeitende haben ihre Kündigung eingereicht. «Es gab Leute, die uns fragen, ob wir überhaupt etwas arbeiten», sagt sie auf Anfrage von BärnToday. Es sei auch zu Beschimpfungen gekommen.

Kritik hagelte es laut Sauter immer wieder von denselben Personen. Dabei ging es um den Vorwurf, dass die Gemeinde Geld verschwende und deshalb rote Zahlen schreibe. Diese Diskussion sorgte nun ebenfalls für zwei Rücktritte im Gemeinderat von Gampelen.

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«Keine Vertrauen mehr in uns»

«Ich wurde nicht persönlich angegriffen, aber ich spüre, dass das Vertrauen in den Gemeinderat fehlt», sagt die bisherige Vizepräsidentin Marta Kunz auf Anfrage von BärnToday. Die Bauvorsteherin und ihre Amtskolleginnen Sabine Scheiben, die für das Bildungs-Ressort zuständig ist, nehmen Ende Juni den Hut. Sozialvorsteherin Diana Gyger hatte bereits im Mai ihren Rücktritt angekündigt.

Zum «Knall» rund um den Gemeinderat in Gampelen kam es bei der letzten Gemeindeversammlung vergangenen Freitag. Ohne Vorwarnung des Gemeinderats kamen aus der Versammlung Anträge. Die Forderung: Der Gemeinderat soll in eigener Kompetenz nur noch Beträge von maximal 30'000 Franken und nicht 50'000 Franken ausgeben dürfen. Hintergrund sind die Zahlen der Gemeindekasse, die sich in den letzten Jahren verschlechtert haben und nun im Minus liegen. Was für die Gruppe von Stimmbürgerinnen und Stimmbürger eine Sparmassnahme ist, werteten die Gemeinderätinnen als ein Zeichen «von fehlendem Vertrauen».

Gemeindepräsident macht weiter

Eric Dietrich, der seit 12 Jahren im Gemeinderat von Gampelen sitzt und seit gut zwei Jahren Präsident ist, bedauert den Rücktritt seiner Amtskolleginnen und die Kündigungen in der Verwaltung. Er habe sich selbst kurz überlegt, ob er noch weiter machen will. Er sei aber zur Überzeugung gelangt, dass man mit allen eine Lösung finden werde. Dazu brauche es mehr Gespräche im Dorf mit- und nicht gegeneinander.

Der Gemeinderat ist trotz den beiden Rücktritten nach wie vor beschlussfähig mit fünf Mitgliedern. Bis zur nächsten Gemeindeversammlung im Dezember werden zwei neue Personen gesucht. In der nächsten Woche werden ausserdem Bewerbungen für die ausgeschriebenen Stellen in der Verwaltung angeschaut.

Hitzige Gemeindeversammlung im Dezember?

An derselben Gemeindeversammlung im Dezember wird dann erneut über den Volksantrag von letztem Freitag debattiert. Für Dietrich ist klar, dass die Einschränkung der Finanzkompetenzen des Gemeinderats nicht zielführend wäre: «Bei einem Leitungsbruch könnten wir nicht einmal eine Strasse sanieren, ohne die nächste Gemeindeversammlung zu fragen», führt er als Beispiel an.

Das gilt es nun der Bevölkerung in Gesprächen an einem runden Tisch zu erklären, so Dietrich. Dieses Instrument wurde in der Gemeinde eingeführt, weil es in Gampelen keine Parteien mehr gibt.

veröffentlicht: 19. Juni 2024 04:45
aktualisiert: 19. Juni 2024 09:06
Quelle: BärnToday

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