Sorgenbarometer

Jugendliche sorgen sich über Altersvorsorge und Klimawandel

· Online seit 29.09.2022, 05:44 Uhr
Die psychische Gesundheit der jungen Menschen in der Schweiz hat abgenommen. Was ihnen am meisten Kopfzerbrechen bereitet, wurde im Jugendbarometer der Credit Suisse untersucht. Die Ergebnisse überraschen.

Quelle: BärnToday / Anissa Perumbuli & Warner Nattiel

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Die Pandemie hat die junge Generation nicht so stark erschüttert wie der Ukraine-Krieg. Aber die Zukunftszuversicht der Jugendlichen hat indessen deutlich nachgelassen, heisst es gemäss dem Credit Suisse Jugendbarometer 2022.

Das Jahr 2022 sei zweifelsohne stark durch die russische Invasion in der Ukraine geprägt, heisst es in einer Mitteilung der Credit Suisse vom Dienstag. «Der neu entfachte Krieg in Europa beschäftigt die Jugendlichen weltweit.»

Dass sich die Jugendlichen mehr Sorgen machen, bestätigen die Fallzahlen in Kinder- und Jugendpsychiatrien. Diese seien gestiegen, sagt Jochen Kindler, Chefarzt und stellvertretender Direktor KJP Kinder und Jugendpsychiatrie Bern. «Wir haben den Eindruck, es geht ihnen noch schlechter. Wir haben mehr stationäre Eintritte und mehr ambulante Behandlungen von Kindern und Jugendlichen.» Man sehe, dass die Jugendlichen noch mehr unter Druck stünden, als noch vor einigen Jahren. Es gäbe deutlich mehr Jugendliche mit Depressionen.

Kindler erklärt, dass die Sorgen auch vom Alter abhängig seien. 16-Jährige sorgen sich um die Berufswahl oder private Entscheidungen. «Ihnen fehlt die Orientierung.» Für 25-Jährige werden aber andere existenzielle Fragen dringlicher. So werden in dem Alter eher Job und Lebensstil hinterfragt.

Altersvorsorge belegt Platz 1, Klimawandel Platz 2

Die jungen Menschen in der Schweiz machen sich am meisten Gedanken zur Altersvorsorge (44 Prozent). Laut dem Jugendbarometer sehen junge Schweizerinnen und Schweizer diese als grösstes Problem. Wie dies nach Annahme der AHV-Reform aussieht, ist unbekannt.

Dass die AHV Platz eins belegt überrascht Jochen Kindler: «Ich wusste nicht, dass die AHV-Vorsorge eine Sorge unter Jugendlichen ist.» Es sei ein Thema, dass bei ihnen nicht aufkomme.

Rang zwei in der Liste belegt der Klimawandel (31 Prozent). «Die Klimaerwärmung ist aktuell ein bisschen in den Hintergrund getreten», sagt Kindler dazu. Auf Platz drei liegt der gestiegene Benzin- und Ölpreis (25 Prozent). Zur Gleichstellung der Geschlechter sagen 19 Prozent, dass es ihre grösste Sorge sei.

Zusammenfassend sagt Kindler, dass er selten bis überhaupt nicht von Jungen mit materiellen Sorgen hört. Bei ihnen gehe es eher um existenzielle Sorgen. Fragen wie «Wie soll ich weiter machen?» oder «Wo gehöre ich hin?» höre er häufig.

Ukraine-Krieg bereitet Kopfzerbrechen

«Da ist sicherlich der Krieg in der Urkaine, der ganz vielen Sorgen macht.» Die Angst, dass er weitergehe und auch Ankündigungen, dass auch Atombomben zum Einsatz kommen könnten, würden die Jugendlichen sehr beschäftigen, bestätigt Kindler die Untersuchungen des Sorgenbarometers.

Die geopolitische Lage werde dabei regional unterschiedlich eingeschätzt, heisst es im Bericht weiter. «Während in den USA, in Brasilien und in Singapur jeweils eine deutliche Mehrheit angibt, dass sie der Krieg in der Ukraine beschäftigt, fällt dieser Anteil in der Schweiz mit 48 Prozent deutlich geringer aus.» In der Schweiz liege der Anteil junger Personen, die nicht besorgt seien, mit 49 Prozent etwas höher. Dies, obwohl wiederum 61 Prozent der jungen Schweizerinnen und Schweizer befürchten, dass sich der Krieg noch auf weitere Länder ausweiten könnte, schreibt die CS.

Und auch wenn die jungen Schweizerinnen und Schweizer wegen des von Russland als «Militäroperation» bezeichneten Angriffskriegs wenig besorgt sind, scheinen sie doch gegen Russland Position zu beziehen. «In der Schweiz fällt der Anteil jener, die Verständnis für das Vorgehen Russlands in der Ukraine äussern, mit 24 Prozent so gering aus wie in keinem anderen untersuchten Land», heisst es im aktuellen CS-Jugendbarometer. In Brasilien liege dieser Wert bei 35, in den USA bei 42 und in Singapur bei 46 Prozent.

Corona nicht mehr in Top-5 der Sorgen

«Die Sorgen zu Corona haben tatsächlich abgenommen», sagt Kindler. Die Erklärung dafür sei, dass die Massnahmen, welche die Freiheit der Jugendlichen eingeschränkt hätten, weg seien. Die Angst habe abgenommen – aufgrund der Impfungen und weil viele Corona schon durchgemacht hätten. Aber seit der zweiten Coronawelle habe das hohe Niveau an Fallzahlen in der Psychiatrie nicht abgenommen.

Während bei der letzten Befragung im Jahr 2020 die Corona-Pandemie noch in allen untersuchten Ländern die grösste oder zweitgrösste Sorge der Jugendlichen war, ist in der Schweiz das Coronavirus inzwischen aus den Top 5 der Sorgen verschwunden.

(ape/sda)

veröffentlicht: 29. September 2022 05:44
aktualisiert: 29. September 2022 05:44
Quelle: BärnToday

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