Mord Biel-Mett

Alles oder nichts: DNA-Probe entscheidet über Schuld- oder Freispruch

10.05.2023, 07:07 Uhr
· Online seit 09.05.2023, 19:02 Uhr
24 Jahre nach dem brutalen Tötungsdelikt in Biel-Mett hat am Dienstag der Prozess gegen einen Nordmazedonier begonnen. Zur Anklage kam es nur durch den Zufall einer DNA-Probe 16 Jahre später. Der Angeklagte wollte am ersten Prozesstag vor dem Regionalgericht in Biel keine Fragen beantworten.

Quelle: TeleBärn

Anzeige

Ihre DNA wurde am Tatort sichergestellt. Weit über 200 Personen wurden in den Folgejahren polizeilich überprüft. Doch erst 2015 stiessen die Ermittler auf eine heisse Spur. Aber ist bei der entscheidenden DNA-Probe im Jahr 2015 alles korrekt abgelaufen? Um diese Frage drehte sich am Dienstag alles am Regionalgericht in Biel. Die Verteidigung versuchte aufzuzeigen, dass die Ermittler den Angeklagten damals beim Wangenabstrich getäuscht hätten.

Kommissar Zufall

Der Angeklagte hatte damals in seinem eigenen Kiosk einen Raubüberfall vorgetäuscht. Die Polizei nahm im Zuge der Spurensicherung einen Abstrich seiner Wangenschleimhaut vor. Damit wollte der Mann seine Unschuld beweisen. Die Folge war das genaue Gegenteil: Plötzlich war er nicht nur Hauptverdächtiger im eigenen Kiosk-Überfall, sondern auch noch in einem längst vergessenen Mordfall aus dem Jahr 1999. Die DNA-Spuren stimmten nämlich mit DNA-Spuren am Bieler Tatort überein. Dazu wollte sich der Angeklagte am ersten Prozesstag nicht äussern. Er habe in früheren Befragungen schon alles gesagt, erklärte er. Der 65-jährige Mann hat stets bestritten, am Überfall auf ein Ehepaar im Juni 1999 beteiligt gewesen zu sein. Anders sieht es die Staatsanwaltschaft. Sie hat den Mann wegen Mordes und versuchten Mordes angeklagt.

Umstrittene DNA-Spur

Das Argument der Verteidigung, die Polizei hätte den Angeklagten darüber informieren müssen, dass er als Verdächtiger die Probe abgegeben habe, wurde vom Gericht abgewiesen. Die Probe sei zulässig, weil sie freiwillig abgegeben wurde. Auch werde die DNA der Besitzer standardmässig erhoben, um sie von einer möglichen Täter-DNA unterscheiden zu können. Den zweiten Antrag der Verteidigung, den DNA-Abstrich zu wiederholen, weil das zugehörige Protokoll unvollständig sei, wurde vom Gericht ebenfalls abgewiesen. Alles soweit korrekt soweit. Die DNA-Spur dürfte im Prozess weiter eine wichtige Rolle spielen. Das Gericht muss klären, ob die am Bieler Tatort gefundene DNA-Mischspur mehrerer Personen ausreicht, um dem Angeklagten eine Beteiligung am Überfall und am Tötungsdelikt nachzuweisen. Für eine Verurteilung wegen der Tat muss das Gericht zudem zum Schluss kommen, dass es sich wirklich um Mord handelte und nicht «nur» um vorsätzliche Tötung. Denn einzig Mord ist nach 24 Jahren nicht verjährt.

Die Hintergründe des Überfalls bleiben unklar

In einem Bundesgerichtsurteil zum Fall von 2022 heisst es unter Berufung auf die Ermittlungen, der Tat könnte ein illegaler Waffenhandel zwischen zwei Söhnen der Familie und damaligen Aktivisten der Befreiungsarmee Kosovos UCK zugrunde liegen. Die Familie handelte offenbar mit Waffen und Autos, den Aussagen zu Folge war wohl öfters viel Bargeld im Haus. Am Tag des Überfalls sollen die beiden Brüder 45'000 Franken von einem Auto-Deal im Wallis zurückgebracht haben.

Der Prozess dauert bis Freitag. Die Urteilsverkündung ist für 6. Juni geplant.

Hier kannst du den Ticker zum ersten Prozesstag nachlesen.

(sda/red.)

veröffentlicht: 9. Mai 2023 19:02
aktualisiert: 10. Mai 2023 07:07
Quelle: 32Today

Anzeige
Anzeige
baerntoday@chmedia.ch