Steigende Zahl

Auch im Kanton Bern so viele Lehrabbrüche wie noch nie

· Online seit 01.12.2022, 18:38 Uhr
In der Schweiz haben Lehrbetriebe derzeit so viele Lehrvertragsauflösungen und Lehrabbrüche zu beklagen wie nie zuvor. Im Kanton Bern sieht es ähnlich aus wie in der Restschweiz. Die Bildungsdirektion und einer der betroffensten Berufsverbände erläutern die Gründe und die daraus resultierenden Massnahmen.
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Es sind alarmierende Zahlen, die das Bundesamt für Statistik (BFS) herausgegeben hat. Sowohl bei den Lehrabbrüchen als auch bei den Lehrvertragsauflösungen gibt es einen Anstieg. Die Quote der Lehrvertragsauflösungen beträgt 22,4 Prozent, die der Lehrabbrüche 4,4 Prozent.

Die Gründe für einen Lehrabbruch oder eine Lehrvertragsauflösung seien vielfältig, sagt Christoph Düby. Er ist Abteilungsleiter berufliche Bildung beim Mittelschul- und Berufsbildungsamt des Kantons Bern. «Lernende sind zu wenig informiert oder fühlen sich nicht wohl, bringen ungenügende Leistungen in der Schule oder es entstehen Differenzen.» Etwas sticht laut Düby aber besonders heraus: «Das Thema psychische Gesundheit rückt immer mehr in den Vordergrund.» Davon seien Lehrlinge, aber auch Berufsbildner betroffen.

Kanton Bern mit durchschnittlicher Quote

Im Kanton Bern liegt die Quote der Lehrabbrüche und Lehrvertragsauflösungen im Zeitraum von 2017 bis 2021 laut BFS bei 21,8 Prozent. Düby schätzt die Prozentzahl etwas tiefer ein. «Wir gehen, über die letzten Jahre gesehen, von etwa 10 Prozent aus.» Hier sei es wichtig, zwischen Abbrüchen und Vertragsauflösungen zu unterscheiden. Letztere seien die Folge von sämtlichen Umwandlungen wie Namensänderungen oder Konkurse der Betriebe. «Die restlichen 2 bis 4 Prozent sind die Lehrabbrüche, welche uns mehr Sorgen bereiten.» Diese Lernenden versuche man zu unterstützen, wie Düby erklärt.

Laut Düby müssten sich nun alle Parteien ihre Gedanken machen. Zum einen stünden Lehrbetriebe in der Pflicht, den Interessierten nicht nur die Sonnenseiten des Berufs zu zeigen. Zum anderen sieht er auch bei der beruflichen Vorbereitung in der Volksschule noch Potenzial. Und nicht zuletzt seien Eltern die grössten «Beeinflusser»: «Sie können Chancen aufzeigen, aber auch darauf hinweisen, dass man mit gewissen Dingen leben und sich auch mal durchbeissen muss.»

Abdichter an der Spitze

Die meisten Vertragsauflösungen schweizweit kommen bei Abdichtern vor, dicht gefolgt von Gipsern/Trockenbauern. Bei letzterem Gewerbe liegt die Quote laut BFS fast bei 50 Prozent. Laut Martin Klossner, Gipsermeister und Präsident Maler- und Gipserverband Region Bern, ist die Zahl nicht ganz korrekt. «Es ist aber sicher ein Viertel, der abbricht oder den Vertrag auflöst.»

Klossner sieht als einen der Hauptgründe, dass Gipser sehr oft nicht der Wunschberuf, sondern eher zweite oder dritte Wahl von vielen Lernenden sei.

In der Berufsschule versuche man früh herauszufinden, ob jemand in der Lage ist, den körperlich anstrengenden Beruf auszuüben. «Die Konstitution und der Wille muss vorhanden sein.» Sehr oft würden nicht geeignete Leute ausgewählt, was Klossner stark kritisiert. «Man würde besser mal nein sagen als irgendjemanden zu nehmen.» Wichtig findet er auch, den interessierten Jugendlichen während mehrerer Schnuppertage das ganze Spektrum des Berufs zu zeigen. Auch das Überprüfen der Jugendlichen durch den Basic- oder Multicheck erachtet der Gipsermeister als sinnvoll.

veröffentlicht: 1. Dezember 2022 18:38
aktualisiert: 1. Dezember 2022 18:38
Quelle: BärnToday

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