Prozess in Moutier BE

Familienclan vor Gericht: Vier Frauen offenbar wie Sklavinnen gehalten

· Online seit 07.11.2022, 08:09 Uhr
Im Berner Jura sollen nach albanischem mittelalterlichem Gewohnheitsrecht – dem Kanun – vier Frauen über Jahre misshandelt und erniedrigt worden sein. Nun stehen ein Familienvater und seine Familie vor Gericht. Sie bestreiten die Vorwürfe – es gilt die Unschuldsvermutung.

Quelle: TeleBärn

Anzeige

Am Montag steht ein patriarchaler Familienclan vor dem Regionalgericht in Moutier BE. Den Angeklagten werden verschiedenste Delikte vorgeworfen: Menschenhandel, Nötigung, Zwangsheirat, Körperverletzung, Freiheitsberaubung, Drohung, gewerbsmässiger Betrug, Vergewaltigung, sexuelle Nötigung, sexuelle Belästigung sowie sexuelle Handlungen mit Kindern.

Frauen geschlagen, genötigt und erniedrigt 

Ein 65-jähriger Familienvater aus dem Berner Jura soll für seine vier Söhne minderjährige «Ehefrauen» aus dem Balkan organisiert haben. Während 16 Jahren sollen die Frauen unter sklavenähnlichen Zuständen gelebt haben: «Zuhause wurden die Ehefrauen geschlagen, mussten sexuell gefügig sein und durften praktischen keinen Kontakt zu Aussenstehenden haben», lässt sich Rechtsanwalt Dominic Nellen, der zwei der Frauen vor Gericht vertritt, in einer Mitteilung zitieren.

Zudem mussten die Frauen offenbar den Haushalt verantworten und die Füsse des Schwiegervaters und der vier Söhne waschen. «Wenn die Ehefrauen etwas nicht zufriedenstellend erledigten, wurde ihnen ins Gesicht gespuckt, sie wurden geschlagen, beschimpft und erniedrigt», so Nellen weiter.

Männer bestreiten Vorwürfe 

2019 gelang den Frauen dann die Flucht. Sie erstatteten daraufhin Anzeige. Nachdem die Staatsanwaltschaft drei Jahre lang ermittelt hat, werden der Familienvater, der laut albanischen mittelalterlichen Gewohnheitsrecht Oberhaupt der Familie ist, und seine vier Söhne vor Gericht vorgeladen. Am 24. November soll das Urteil eröffnet werden.

Die Angeklagten bestreiten jegliche Schuld. Gegenüber dem «Blick» sagte Opferanwalt Nellen: «Die Männer bestreiten, Widerrechtliches begangen zu haben. Die Frauen seien mit allem einverstanden gewesen.»

Es gilt die Unschuldsvermutung.

(ris)

veröffentlicht: 7. November 2022 08:09
aktualisiert: 7. November 2022 08:09
Quelle: BärnToday

Anzeige
Anzeige
baerntoday@chmedia.ch