Seit 2018 befinden sich bei Kandersteg rund 20 Millionen Kubikmeter Fels in Bewegung. Das Gebiet rund um den sogenannten «Spitzen Stein» wird kontinuierlich überwacht, um grosse Felsabbrüche, die Wanderwege, Strassen und Gebäude gefährden könnten, frühzeitig zu erkennen. Immer wieder kommt es zu spektakulären Felsstürzen, so etwa auch im August 2022:
Quelle: BärnToday / Raphael Willen
Die Experten der Abteilung für Naturgefahren halten das Worst-Case-Szenario, den kompletten Abbruch der instabilen Felsmasse, für eher unwahrscheinlich. Viel wahrscheinlicher sind kleinere Felsabbrüche, welche von Murgängen oder Hochwasser begleitet würden. Diese könnten das Dorf Kandersteg gefährden.
So steht es aktuell um das Gefahrengebiet
Weil jederzeit kleinere Abbrüche möglich sind, gibt es am südwestlichen Ufer des Oeschinensee seit längerer Zeit eine dauerhafte Sperrzone. Im Sommer 2024 wurde auch der Öschiwald gesperrt. Beim letzten Situationsupdate vom 20. September teilt die Gemeinde mit, dass in der Schuttrutschung Bereich Ost bis zu 1,5 cm pro Tag gemessen wurden; im Bereich Westflanke waren es bis zu 6 cm pro Tag.
Die Strasse bis Oeschinen befindet sich im Sperrgebiet – und wurde sogar teilweise verschüttet. Nun soll eine Ersatzstrasse gebaut werden. Das ist durch ein aktuelles Baugesuch ersichtlich.
«Strasse wird sicher nie öffentlich werden»
Obwohl sich die Strasse nach Oeschinen in der Sperrzone befindet, konnte sie bis im Frühling unter Überwachung befahren werden, wie René Maeder, Gemeinderatspräsident von Kandersteg, auf Anfrage erklärt. «Dieses Jahr gab es aber wieder einige grosse Murgänge, sodass eine Brücke verschüttet wurde. Die Strasse ist jetzt nicht mehr passierbar», so Maeder. Die Planung der neuen Strasse sei auch nicht erst in diesem Jahr gestartet. «Man wusste, dass man diese Strasse in diesem Gebiet langfristig nicht mehr brauchen kann.»
Die neue Strasse soll über die sogenannte «Huble» führen, der Gondelbahn entlang. «Die Strasse wird sicher nie öffentlich werden», versichert der Gemeinderatspräsident. «Die Strasse ist für Bewohner der Region Oeschinensee, für Landwirte, Gastrobetriebe und für die Bahn selbst gedacht.» Nötig sei die Strasse insofern, als die Gondelbahn nicht dafür gebaut wurde, um grosse Lasten zu transportieren, etwa eine Kuh, die zum Tierarzt muss. Dazu müsste aktuell ein Helikopter eingesetzt werden.
Der Gemeinderatspräsident ist sich sicher, dass man mit dieser Ersatzstrasse ein gutes Projekt geplant hat: «Es gab nur wenige Einsprachen und die konnte bereinigt werden. Selbst kritische Organisationen wie Naturschutzverbände haben der Strassenführung zugestimmt.»
Auftraggeberin der Strasse ist aber nicht die Gemeinde Kandersteg, sondern die Gondelbahn Kandersteg Oeschinen AG. Wegen Ferienabwesenheiten war dort bis Redaktionsschluss niemand erreichbar.
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