Untersuchung läuft

Starker Wind dürfte Berner Züge zum Entgleisen gebracht haben

· Online seit 01.04.2023, 13:48 Uhr
Noch ist nicht vollständig geklärt, ob der Wind zu den Zugentgleisungen geführt hat. Sollte dies zutreffen, sei zu prüfen, ob es angesichts der sich häufenden Wetterextreme strengere Vorschriften für den Bahnbetrieb bei Sturm brauche.

Quelle: TeleBärn/Vroni Fehlmann

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Die Schweizerische Sicherheitsuntersuchungsstelle Sust geht derzeit davon aus, dass die Entgleisung von zwei Zügen am Freitag im Kanton Bern auf starke Windböen zurückgeht. Das sagte der Bereichsleiter Bahnen und Schiffe am Samstagmittag im Schweizer Radio SRF.

Christoph Kupper verwies im Radio darauf, dass es in der Schweiz schon mehrfach zu windbedingten Entgleisungen kam. So hob ein Sturm im Jahr 2018 bei Lenk im Simmental BE einen Wagen der Montreux-Oberland-Bahn (MOB) aus den Schienen. 2007 entgleiste wegen einer Bö bei Wasserauen AI die Appenzeller Bahn.

1996 blies ein starker Föhn einen Zug der Wengernalpbahn im Berner Oberland von der Strecke. In allen Fällen verletzten sich Personen mittelschwer oder leicht.

Ermittlungen laufen noch

In Lüscherz BE und Büren zum Hof BE, wo am Freitag bei zwei Entgleisungen fünfzehn Menschen verletzt wurden, laufen aber die Ermittlungen noch. Kupper sagte am Samstag in einem Interview mit der Online-Ausgabe der Zeitung «20 Minuten», zuerst müssten jetzt die Fahrdaten und die meteorologischen Daten ausgewertet werden.

Es sei zu prüfen, ob es angesichts der sich häufenden Wetterextreme strengere Vorschriften für den Bahnbetrieb bei Sturm brauche. Schon heute müssten die Bahnunternehmen bei Sturm allerdings eine Risikobeurteilung vornehmen. Die Sust ist eine Behörde der Eidgenossenschaft, welche den Auftrag hat, Unfälle und gefährliche Ereignisse von Bahnen, Luftfahrzeugen und Schiffen zu untersuchen.

Bahnstrecken weiter unterbrochen

Auch am Tag nach den Entgleisungen waren die beiden Bahnstrecken an den Unfallorten unterbrochen. Der Regionalverkehr Bern-Solothurn (RBS) teilte am Samstag mit, zwischen Jegenstorf BE und Lohn-Lüterkofen SO fahre bis zum 3. April kein Zug. Es geht um einen Abschnitt der Bahnstrecke Bern-Solothurn.

Bei Lüscherz BE ist die Biel-Täuffelen-Ins-Bahn betroffen. An beiden Orten verkehren Bahnersatzbusse.

Das Internetportal blick.ch veröffentlichte am Samstag ein Interview mit einer Passagierin des in Büren zum Hof entgleisten Zugs. Die 14-jährige Anna G. sagt im Video, sie habe plötzlich starken Wind bemerkt und dann einen Schlag gespürt. Das sei wohl der Wagen vor dem Ihrigen gewesen, der entgleist und an ihrem Wagen vorbeigeflitzt sei.

Sie habe Panik bekommen und Schutz gesucht bei einer anwesenden Frau, berichtete Anna G. Diese habe sie beruhigen können. Die Passagiere im Zug hätten sofort Angehörige oder Freunde angerufen. Etwa zwei Stunden lang seien die Passagiere ihres Wagens im Zug geblieben, weil die Rettungskräfte zuerst den Verletzten hätten helfen müssen.

Nach dem Aussteigen seien die unverletzten Passagiere ins Dorf marschiert. Viele Anwohner hätten den Zugpassagieren warme Getränke angeboten.

Orkanböen im Mittelland

Der Sturm «Mathis» sorgte am Freitag und in der Nacht auf Samstag auch in anderen Gegenden für Verkehrsstörungen oder Schäden. In Liestal BL wurde die Dachkonstruktion einer Baustelle gegen eine Hausfassade geschleudert Dabei wurde eine Person leicht verletzt.

In Jegenstorf BE wurde eine Person in einem Hühnerstall eingeklemmt und verletzt. In Domdidier FR wurde am Freitag ein 14-jähriges Mädchen von einem umstürzenden Baum getroffen und leicht verletzt.

«Mathis» sorgte in den vergangenen 24 Stunden im Flachland verbreitet für Böen in Orkanstärke. In Egolzwil LU und Koppigen BE wurden Windspitzen von 130 Kilometer gemessen. Das teilte MeteoSchweiz am Samstagmorgen in einer ersten Sturmbilanz mit. Koppigen liegt nur unweit von Büren zum Hof am Rand des Emmentals.

(sda/pfl)

veröffentlicht: 1. April 2023 13:48
aktualisiert: 1. April 2023 13:48
Quelle: BärnToday

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