Tag der Nachbarschaft

«Die Verbundenheit im Quartier beugt Einsamkeit vor»

Sophie Deck, 26. Mai 2023, 08:05 Uhr
Am Freitag ist der internationale Tag der Nachbarschaft. Es ist ein Anlass, um seinen Nachbarn näherzukommen. So feiern die Stadt Bern, die Gemeinde Ostermundigen und die Gemeinde Köniz den Tag.
In der Stadt Bern ist der Tag der Nachbarschaft schon etabliert. In Ostermundigen (im Bild) noch weniger, die Gemeinde möchte dieses Jahr aber dafür sensibilisieren.
© KEYSTONE
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Der Tag der Nachbarschaft ist eine Gelegenheit, seinen Nachbarn näherzukommen. In der Stadt Bern ist er als Anlass schon etabliert, die umliegenden Gemeinden versuchen das Nachbarschaftsgefühl auch vermehrt zu fördern – sowohl durch Quartierfeste, als auch einfach durch Kaffeetrinken im Treppenhaus.

Das sei wichtig, sagt Ursula Rettinghaus, Projektleiterin «Tag der Nachbarschaft» der Stadt Bern. «Wer sich kennt, kann sich besser unterstützen, man fühlt sich aufgehobener, die Quartiere werden lebendiger», sagt sie. Aus diesem Grund hat die Stadt Bern seit 2017 jedes Jahr ein Angebot für den Tag der Nachbarschaft. Dazu gehören gratis Fest-Kits, Flyer und Festeinladungen zum Ausdrucken, sowie gratis Bewilligungen für Feste auf öffentlichem Boden.

Stadt Bern: Viele kleine und grosse Feste

In den vergangenen Jahren sei der Bedarf an diesen Angeboten stetig gestiegen, dieses Jahr im Vergleich zum Vorjahr etwas gesunken. Es haben 73 Personen Fest-Kits für rund 2400 Gäste bestellt und es wurden 13 Bewilligungsgesuche für Feste auf öffentlichem Boden eingereicht. Rettinghaus vermutet, dass die leicht tieferen Zahlen darin begründet sind, dass der Tag dieses Jahr auf der Freitag vor Pfingsten fällt.

Bei der Bestellung eines Fest-Kits konnte man vermerken, ob das Fest offen sein soll oder für eine geschlossene Gesellschaft. Rettinghaus sagt, einige ältere Personen, die selbst keine Leute mehr einladen könnten, hätten sich bei ihr nach solchen Festen erkundigt. So habe sie ihnen ein offenes Fest in ihrem Quartier vermitteln können.

«Die Verbundenheit im Quartier, in der Strasse und im Haus beugt Einsamkeit vor, die bei hochaltrigen, aber auch bei jungen Menschen sehr verbreitet ist», sagt Rettinghaus. Vor allem seit Corona hätten Gesten wie Kaffeeeinladungen oder ein unverbindliches Anklopfen unter Nachbarn in Bern aber zugenommen, sagt sie.

Der Tag der Nachbarschaft fördere vor allem die Integration, das Zusammenleben von Generationen und damit auch die Toleranz. Er mache Quartiere so lebendiger. Überall in Bern gebe es heute viele kleine und grosse Feste: «Es lohnt sich, am Tag der Nachbarschaft durch die Quartiere zu radeln – wenn das Wetter mitspielt.»

Ostermundigen: Für den Tag sensibilisieren

Auch die Gemeinde Ostermundigen hat zum Tag der Nachbarschaft spezielle Angebote für Einwohner. Ähnlich wie bei der Stadt Bern bietet sie Einladungskarten und Flyer zum Bestellen oder Ausdrucken an – und auch gratis Bewilligungen für Feste.

Allerdings hat Ostermundigen dieses Jahr das erste Mal ein solches Angebot. «Das ist mal ein Start», sagt Pia Oetiker, Ansprechperson des Projekts «Füreinander da in Ostermundigen», das für den Tag zuständig ist. «Es ging uns dieses Jahr vor allem darum, die Leute zu sensibilisieren, dass es den Tag gibt.» So, hoffen sie, würde er sich als Anlass etablieren, wie in der Stadt Bern.

Oetiker weiss von einem Gesuch für ein Fest auf öffentlichem Boden in der Gemeinde. Über die Anzahl von Festen auf privatem Boden kann sie nichts sagen. «Es sind aber nicht nur Feste wichtig. Man kann den Tag auch einfach feiern mit Kaffeetrinken im Treppenhaus oder spontanem Anklopfen», sagt sie.

Ein Nachbarschaftsfest in Ostermundigen findet dieses Jahr im Quartier Oberfeld statt. Es wird organisiert vom Verein «Lebendiges Oberfeld» und findet am 26. Mai um 18 Uhr auf dem Wendeplatz Eschenweg statt. Der Verein stellt einen Grill zur Verfügung. Das Fest ist für alle offen – auch für Personen von ausserhalb des Quartiers, betont Vereins-Co-Präsidentin Stefanie Dähler.

Auch für Ostermundigen wären gute Beziehungen in der Nachbarschaft wichtig, sagt sie. «So kann man sich darauf verlassen, dass man aus unmittelbarer Nähe Hilfe bekommt, wenn man ein Problem hat. Es geht darum, miteinander zu leben und nicht nebeneinander.»

Köniz: Nachbarschaft in Agglomeration wichtig

Die Gemeinde Köniz hat kein spezielles Angebot zum Tag der Nachbarschaft. Man habe sich dieses Jahr mehr auf ein anderes Nachbarschaftsprojekt konzentriert, erklärt Susanne Bandi von der Fachstelle Kommunikation der Gemeinde. Dieses Projekt heisst «Zeit-Netz Köniz» und soll die Nachbarschaftshilfe für ältere Menschen fördern. Bei der Koordinationsstelle können sich einerseits ältere Menschen melden, sie sich zum Beispiel Gesellschaft bei einem Spaziergang oder Hilfe beim Einkaufen wünschen, andererseits Menschen, die dies freiwillig anbieten. Am 1. Juni nimmt die Stelle ihre Vermittlungsarbeit auf.

Obwohl sie nichts organisiert habe, begrüsse die Gemeinde den Tag der Nachbarschaft, sagt Bandi. «Gerade in Gemeinden in der Agglomeration ist die Verbindung zur Nachbarschaft wichtig», sagt sie. Dies, weil es einerseits sehr ländliche, andererseits sehr städtische Gegenden hat, die miteinander nicht viel zu tun haben. Ausserdem habe Köniz kein Zentrum, mit dem sich alle Einwohnerinnen und Einwohner verbunden fühlen, wie Stadt-Berner mit der Altstadt. «Deshalb kann die Verbindungen zu anderen Menschen im Quartier oder Gebiet die eigene Identität unterstützen», sagt Bandi. Auch Köniz möchte in kommenden Jahren gerne etwas zum Tag der Nachbarschaft machen.

Sophie Deck
Quelle: BärnToday
veröffentlicht: 26. Mai 2023 07:04
aktualisiert: 26. Mai 2023 08:05
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