«Wir verstehen uns als Gewissen der Natur in der Gemeinde Wohlen», sagt Otto Sieber. Er präsidiert den Verein Natur- und Vogelschutz, der sich seit 50 Jahren engagiert. «Unser Verein hat die Gemeinde verschönert und sie sowohl ökologisch als auch fürs Auge reicher gemacht.»
So hat der Verein Dutzende von Bäumen gepflanzt, Hecken angelegt und Weiher ausgehoben. Ziel ist es, die Biodiversität zu fördern und so den Artenschutz zu stärken. So wurden unter anderem rund 150 Nistkasten aufgestellt, die regelmässig kontrolliert und gepflegt werden. Daneben stehen auch Veranstaltungen und Exkursionen auf dem Programm. «Wir wollen die Natur ins Herzen der Leute pflanzen», so Sieber.
Baugesuche werden auf Herz und Nieren geprüft
Auch in der Politik ist der Verein inzwischen eine feste Grösse. «Wir schauen uns jedes Baugesuch an und prüfen, ob die Vorschriften bezüglich der Natur und der Umwelt eingehalten werden.» Ein- bis zweimal pro Jahr macht der Verein eine Einsprache. «Dabei geht es in der Regel nicht darum, ein Projekt zu verhindern. Wir wollen stattdessen erreichen, dass die Umgebung des Bauprojekts der Natur entsprechend gestaltet wird.»
Bei wichtigen Vorhaben gibt es in der Gemeinde Wohlen Mitwirkungsverfahren, an denen sich alle Bürgerinnen und Bürger beteiligen können. «Wenn es um Vorhaben geht, die die Natur tangieren, sind wir immer mit dabei. Wir machen Vorschläge und vertreten sie an der Gemeindeversammlung.»
Besser informiert als die Verwaltung
Dem Natur- und Vogelschutz wird in der Gemeinde mit Ehrfurcht begegnet. Manch einer sagt dem Verein nach, er sei gar mächtiger als so manch eine Ortspartei oder der Gewerbeverein. So gross sieht der Präsident den Einfluss zwar nicht, sagt aber selbstbewusst: «Die Arbeit unseres Vereins macht Eindruck.»
Sieber erklärt: «Man sieht einerseits, dass die Natur durch uns reicher wird. Andererseits bringen wir das nötige Fach- und Detailwissen mit. Wir wissen zum Teil mehr als die Verwaltung der Gemeinde und des Kantons.»
Den grössten politischen Erfolg der letzten Jahre sieht er beim Bau des neuen Wasserreservoirs in Säriswil. Das alte hätte abgerissen werden sollen. Dabei hat sich diese über die Jahrzehnte hinweg zum einem regelrechten Naturhotspot verwandelt – samt hohen Bäumen und Hecken.
Um dieses abreissen zu können, brauche es dementsprechend einen anständigen Ersatz. «Im ursprünglichen Projekt waren aber bloss ein paar Büsche vorhergesehen. Wir haben dann erreicht, dass mit einer grossen Heckenpflanze ein deutlich besserer Ersatz geschaffen wurde.»
Getrieben von der Liebe zur Natur
Was aber spornt die rund 230 Mitglieder an? «Wir sind getrieben von der Liebe zur Natur und der Sorge, sie auch für die kommenden Generationen zu erhalten und zum Teil auch Fehler der Vergangenheit wiedergutzumachen.»
Sieber schwärmt: «Wenn man erst einmal mit offenen Augen und Ohren durch die Gemeinde läuft, ist es unglaublich, was man alles sieht und hört. Ist das Interesse erst einmal geweckt, will man auch selbst mitgestalten.»
In die Zukunft blickt der Präsident mit vollem Tatendrang. Insbesondere Magerwiesen und gestufte Waldränder gebe es in Wohlen nach wie vor zu wenig. Dementsprechend gehe dem Verein die Arbeit nicht aus.
«Wir haben zum Teil unter unserem Erfolg zu leiden.» Schliesslich könne man nicht einfach einmalige neue Teiche anlegen oder neue Hecken pflanzen, sondern müsse immer wieder dahinter. «Das gibt viel zu tun.»
Verein kämpft mit Überalterung
Die Arbeit kann und will der achtköpfige Vorstand nicht mehr alleine stemmen. So engagieren sich Mitglieder seit Neustem auch unabhängig vom Vorstand in verschiedenen Arbeitsgruppen. «Wir wollen die Arbeit auf mehr Schultern verteilen.»
Doch nicht nur das: Der Natur- und Vogelschutz kämpft auch mit einem gewissen Überalterungsproblem. «Wir erhoffen uns, dass mit den neuen Gruppen auch neue Leute nachgezogen werden können», so Sieber.
Du willst keine News mehr verpassen? Hol dir die Today-App.