«Schlammschlacht ist keine gute Idee»: Berns Gastro-Chef zu Uto Staffel-Fall | BärnToday
Zoff im Internet

«Schlammschlacht ist keine gute Idee»: Berns Gastro-Chef zu Uto Staffel-Fall

26.01.2023, 06:36 Uhr
· Online seit 25.01.2023, 19:01 Uhr
Der Wirt vom Uto Staffel in Zürich geht einen radikalen Weg. Er outet seine Kritiker im Netz – mit Telefonnummer und vollem Namen. Ist das der richtige Weg? Der Präsident von Gastro Bern, Tobias Burkhalter, äussert sich dazu im Interview.
Anzeige

BärnToday: Wie finden sie das, dass der Wirt die Namen seiner Kritikerinnen und Kritiker im Internet publik macht?

Tobias Burkhalter: Es ist selbstverständlich sein Entscheid. Aber ich finde es sehr unglücklich und keine geschickte Methode. Man will möglichst eine Lösung finden mit nörgelnden Gästen und seinen Betrieb ja auch immer gut verkaufen. Da ist es der sinnvollere Weg, wenn man direkt mit den Gästen das Gespräch sucht, anstatt eine Schlammschlacht in den sozialen Medien loszutreten.

Wenn es passiert, dass sich Leute beschweren, welche Vorgehensweise raten sie einer Wirtin oder einem Wirten?

Grundsätzlich müssen wir dankbar sein, wenn wir Feedback erhalten. Das muss man anschauen wie ein Geschenk. Wichtig ist es, darauf zu reagieren und es anzunehmen. Was dann daraus gemacht wird und ob das Feedback berechtigt ist oder nicht, muss man anschauen. Es sind vor allem immer Momentaufnahmen. Ich gebe dem Wirten Recht, es gibt heutzutage ganz viel unberechtigte Kritik oder auch Kritik, die nicht sachlich ist. Entweder einfach, weil die Leute einen schlechten Tag haben oder ihnen einfach gerade etwas nicht passt. Bei der Anonymität in den Sozialen Medien ist es nicht schwierig, einfach etwas zu schreiben.

Können Sie da ein Beispiel aus einer solcher Situation nennen?

Zum Beispiel wird einem Gast vor seinem Restaurant-Besuch ein Kratzer ins Auto gemacht. Dass bekommt dann garantiert der Wirt oder die Wirtin ab. Dort ist es dann aber an den Gastgebenden zu überlegen, was nehme ich ernst und was nicht. Wo drücke ich einfach die «Delete-Taste» und schreibe dem Gast auf das Feedback zurück: Herzlichen Dank und Thats it.

Spielt es eine Rolle, wo man wirtet? Also dass man an manchen Orten mehr Feedback erhält als an anderen?

Der Standort ist sicher immer etwas entscheidend. Das Gästesegment hat klar einen Einfluss. Hat man nur Touristen oder ist man ein Restaurant für Familien mit Kindern? All das sind Sachen, die zu mehr oder weniger Feedback führen können. Als Gastronom und Gastronomin weiss man aber ja, was für ein Betrieb und welche Gästesegmente man hat. Da sollte man etwas sensibilisiert sein. Es wäre aber gleichzeitig nicht schlecht, wenn auch der Gast etwas sensibilisiert ist.

Hat nicht sachliche Kritik zugenommen? Oder nicht berechtigte Kritik?

Das hat sicher zugenommen. Das kann ich so bestätigen. Wenn fünf Personen einen Tisch in einem Ausflugsrestaurant buchen und es dann plötzlich zu regnen beginnt, kann es je nach Gruppe schwierig werden, da sie sich ja auf einen schönen Tag gefreut hatten. Es könnte die Gefahr bestehen, dass der Besuch mit allem Drum und Dran nicht mehr objektiv bewertet wird, sondern dass dann einfach jemand als Schuldiger hinhalten muss. Dann schreibt nicht nur jemand aus dieser Gruppe ein Feedback, sondern gleich jeder, und das kann eine Schlange mit sich ziehen. Das ist in der heutigen Zeit schon gefährlich.

Auch gefährlich, wenn man sich dann darauf einlässt?

Unbedingt. Darum sage ich, das ist sicher nicht clever, wenn man darauf einsteigt. Dort, wo die Kritik berechtigt ist, sollte man Danke sagen und schauen, dass man sich intern verbessern kann. Wenn sie mal nicht objektiv oder sachlich ausfällt, dann muss man über den Schatten springen, Danke sagen und die Mail/ den Kommentar in den Papierkorb befördern.

Aus Kritik kann man aber eben auch stärker werden. Wo macht Feedback in der Branche Sinn?

Die ganzen Sozialen Medien sind nicht nur Fluch, sondern auch eine grosse Chance. Die ganze Digitalisierung ermöglicht einem ein sofortiges Feedback. Eine Meinung von aussen ist wichtig, weil man etwas Bestimmtes intern im Betrieb vielleicht nicht mehr sieht oder übersieht. Und so nimmt man es wieder wahr und kann es auch korrigieren. Man muss das als grosse Chance anschauen und die Stärke haben, eine Triage zu machen –  was nehme ich mir zu Herzen oder was lasse ich eben sein…

Quelle: BärnToday
veröffentlicht: 25. Januar 2023 19:01
aktualisiert: 26. Januar 2023 06:36
Anzeige
baerntoday@chmedia.ch