BärnToday: Sie wechseln von den Grünliberalen (GLP) zur Grünen Freien Liste (GFL). Wieso haben Sie sich gerade für diese Partei entschieden?
Michael Ruefer: Das hat eine Vorgeschichte: Mit 21 Jahren war ich Mitglied in der GFL von Münchenbuchsee, wo ich aufgewachsen bin. Schon damals war klar, dass ich grüne Parteien gut finde. Und als ich dann Teil des Studentenrates der Uni Bern war, überzeugten mich meine Kolleginnen und Kollegen, der jungen GLP beizutreten. Ich glaube, mein politischer Kompass ist auch heute noch grün.
Die GFL warb öffentlich um verärgerte GLP-Mitglieder. Kam die Partei aktiv auf Sie zu oder klopften sie selbst bei der GFL an?
Ich kenne viele ehemalige GFL-Stadträtinnen und Stadträte. Deshalb bin ich in diesem Milieu zu Hause. Und es war schon immer klar, dass die GFL die Partei ist, die mir neben der GLP am nächsten ist. Die GFL hat mich nicht abgeworben.
Nach dem GLP-Ja zur Listenverbindung mit der SVP wollten Sie gar aus dem Stadtrat zurücktreten - wieso haben sich stattdessen für den Parteienwechsel entschieden?
Ich tue mich manchmal schwer mit dem Stadtrat. Der Betrieb ist oft träge. Trotzdem: Ich brenne für die Themen im Rat. Ich finde es cool, wenn man über die Stadtentwicklung oder Verkehrspolitik debattieren kann. Einen Rücktritt habe ich mir tatsächlich überlegt – schon vor dem GLP-Entscheid zum Wahlbündnis mit der SVP. Ich habe mit mir gerungen. Als der Entscheid fiel, habe ich auch viele Gespräche geführt. Ich spürte grossen Support für den Verbleib im Stadtrat.
Die Co-Fraktionschefin der GLP reagiert auf ihren Parteiwechsel und wirft ihnen vor, dass dies «nicht anständig und nicht fair» sei – der Sitz gehöre schliesslich der GLP. Hat sie damit denn nicht recht?
Ich verstehe, dass sich nach meinem Schritt Leute verletzt fühlen. Trotzdem: Mit dem Entscheid zum Wahlbündnis hat sich die Partei verraten. Und hat auch mich mit meinem Anspruch, eine Mitte-Partei zu vertreten, ein Stück weit verraten. Ich hätte mir gewünscht, dass man auch meine Arbeit in der Partei würdigt und ein gewisses Bedauern ausdrückt.
Sie kritisierten die Listenverbindung mit der SVP, obwohl dadurch ein zweiter bürgerlicher Sitz in der Stadtregierung möglich werden dürfte. Heisst also im Umkehrschluss: Sie finden die aktuelle Zusammensetzung des Gemeinderats, bei der die bürgerlichen Kräfte untervertreten sind, im Grundsatz gut?
Ja. Ich finde, dass die Stadt Bern im Grundsatz gut unterwegs ist – auch wenn sie ein Finanzproblem hat. Ich arbeite mit dem Stadtpräsidenten Alec von Graffenried und der Gemeinderätin Marieke Kruit in der Kommission sehr intensiv zusammen. Es ist nicht mein Eindruck, dass sie pointiert links politisieren. Ich finde, dass sie das Gesamte gut im Blick haben.
Bereits Ende 2023 wechselte Judith Schenk von der GLP in die SP. Ein Zeichen, dass die GLP zuletzt für viele auch inhaltlich zu fest nach rechts rutscht?
Das finde ich schwer zu bewerten. Ich war in der GLP-Fraktion in der Mitte. In der Verkehrspolitik war ich grüner als der Durchschnitt. Dadurch, dass die Partei nicht so stark positioniert ist – gerade in den lokalen Themen – kommt es sehr auf die einzelnen Mitglieder an. Und für eine einheitliche Position braucht man Zeit und Energie.
Denken sie, die Basis wird diese Strategie goutieren, oder politisiert die Fraktion an ihrer Wählerschaft vorbei?
Hierzu möchte ich mich nicht mehr äussern. Dass muss die GLP mit sich selbst ausmachen.
Werden Sie auch für die GFL wieder zu den Stadtratswahlen antreten?
Ich habe mich noch nicht entschieden. Der Stadtrat ist kein «Güetzi», sondern eine Hass-Liebe für mich. Zuerst möchte ich mich nach den Turbulenzen jetzt in der neuen Partei einfinden und herausfinden, ob es mir hier gefällt.
(jab)
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