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Berner Taxiunternehmen verlangen Lockerungen

«Ortsprüfung obsolet»

Berner Taxiunternehmen verlangen Lockerungen

28.02.2023, 13:43 Uhr
· Online seit 28.02.2023, 13:39 Uhr
Bärentaxi und Novataxi – das sind die beiden Platzhirsche im Berner Taxi-Business. Sie kämpfen nicht nur mit steigenden Kosten, sondern auch mit zu wenig Personal. Mit einer Motion wollen sie Lockerungen bewirken, um schneller neue Fahrer anstellen zu können.
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«Es geht schlecht bis sehr schlecht», sagt Markus Kunz zur Taxibranche. Er ist Geschäftsleiter von Novataxi, einem der beiden grossen Taxiunternehmen in der Stadt Bern. Sein Konkurrent Gerhard Brunner, Geschäftsleiter Bärentaxi, sieht die Lage etwas positiver: «An und für sich geht es der Taxibranche gut – oder wieder besser nach der Pandemie.»

Trotz der widersprüchlichen Einschätzung der beiden Taxiunternehmen erleben sie den Alltag ähnlich. Novataxi wie auch Bärentaxi kämpfen mit zwei Problemen: Sie haben zu wenig Fahrer und die Fixkosten für den Betrieb werden immer höher.

«Wir haben leere, herumstehende Autos, die bewegt werden könnten, aber keine Leute, die damit herumfahren», sagt Kunz. Es fehle an allen Ecken und Enden – besonders dann, wenn es wieder laufen würde. In der Nacht und am Wochenende fehle es an Fahrern. Novataxi könne am Morgen oftmals keine spontanen Bestellungen entgegennehmen, weil sie ausgelastet seien. Bärentaxi-Chef Brunner findet es weniger ein Problem, dass sie am Wochenende weniger Fahrer haben. Denn seit der Pandemie würden die Leute weniger in den Ausgang gehen.

20 Vollzeitstellen per sofort

«Wenn ich morgen 20 Fahrer mehr hätte, könnte ich sie alle zu 100 Prozent anstellen», so der Novataxi-Chef. Doch Fahrer anzustellen geht nicht so schnell. Bis jemand Taxifahrer sein kann, dauert es rund ein halbes Jahr. In dieser Zeit finden Interessenten einen anderen Job. Diese Hürde wollen die Taxibetreiber durch eine Reglements-Änderung kleiner machen.

«Jetzt beantragen wir Lockerungen, weil es zu wenig Fahrer hat», sagt Gerhard Brunner. Die Motion solle ermöglichen, dass Chauffeure auf Probe angestellt werden können.

Vor der Pandemie habe Bärentaxi 45 Fahrzeuge mit rund 120 Fahrern gehabt – jetzt sind es noch 40 Autos mit knapp 60 Fahrern. Auch Novataxi beschäftigt momentan 60 Fahrer. Zum Personalmangel hinzu kommt, dass in beiden Unternehmen der Altersdurchschnitt der Fahrer gut über 50 Jahre ist, einige von ihnen sind bereits pensioniert. Wie lange diese noch fahren, ist offen.

«Vier sind zwei zu viel»

«Wir wollen nicht grundsätzliche Lockerungen, sondern dass sie schneller bei uns im Taxi sitzen können», erklärt Markus Kunz. Das Ziel ist, dass angehende Taxifahrer bereits taxifahren könnten und dann nach einer bestimmten Zeit die Ortskenntnisprüfung absolvieren. Wie dies konkret aussieht, mit welchen Auflagen dies umgesetzt würde, ist noch zu bestimmen. Am Schluss hätten trotzdem alle dieselben Prüfungen. Aber dem Fahrerproblem der Taxibetriebe wäre Abhilfe geschaffen. «Ich sehe nur das Positive», meint Markus Kunz. «Aber vielleicht bin ich etwas blauäugig». Bisher habe er keine Gegenstimmen gehört, auch von der Gewerbepolizei nicht.

Die aktuelle Motion zielt nicht darauf ab, die Prüfungen abzuschaffen. Derzeit muss man vier Prüfungen machen. «Das sind zwei zu viel», sagt Gerhard Brunner überzeugt. Auch Kunz findet, dass eine praktische Prüfung reichen würde. Da könne man schauen: Kann jemand das Navi bedienen, so dass es eine vernünftige Route findet? Findet er die Adresse einer Institution? Das müsse man testen, «all die theoretischen Sachen kann man eigentlich rauchen» – also ganz weglassen.

«In Zeiten von Navi und Apps ist eine Ortskenntnisprüfung obsolet», findet Markus Kunz. «Dass sie wissen müssen, wo Bundeshaus und Spitäler sind, finde ich gut.» Kunz sieht dies aber als Chance für Betriebe, ihren eigenen Leuten eine gute interne Ausbildung zu bieten.

Tariferhöhung per 1. März

Die Herausforderungen beschränken sich aber nicht auf den Personalmangel und das Prüfungsreglement. Per 1. März erhöht Novataxi die Tarife. Es sei aber nur ein Tropfen auf den heissen Stein. «Wir sind jetzt schon zu teuer und verdienen keinen Franken», so Kunz. Für einen Taxibetrieb fallen hohe Kosten an: die Telefonzentrale, die Autos, die Garagen. Nicht zuletzt habe auch die Inflation dazu geführt, dass die Betriebskosten steigen, sagt auch Brunner. Bei Bärentaxi ist ebenfalls von einer Tariferhöhung die Rede. Die Tarifanpassung hat aber laut dem Bärentaxi-Chef nichts mit den fehlenden Fahrern zu tun.

Mit der Motion soll dem Aussterben der Taxi entgegengehalten werden. Denn der «Worst Case» für Kunz wäre, wenn es die zwei grossen Taxifirmen in Bern nicht mehr geben würde. «Es wird so weit kommen, dass zuerst keine Taxis mehr verfügbar sind, bis man merkt, wie wichtig das Taxigewerbe eigentlich ist. Denn einige Leute sind nicht genug mobil, als dass sie ÖV oder Velo benutzen könnten.»

veröffentlicht: 28. Februar 2023 13:39
aktualisiert: 28. Februar 2023 13:43
Quelle: BärnToday

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