Faszination Cosplay

Diese Bernerin stellt ihre eigenen Fantasy-Rüstungen her

· Online seit 14.10.2022, 05:39 Uhr
Die 29-jährige Bernerin Silja Läng alias «SodiumCat» ist seit Jahren in der Schweizer Cosplay-Szene aktiv. Auch am HeroFest auf dem Bernexpo-Gelände ist sie dieses Wochenende anzutreffen. Im Interview gibt sie Einblick in ihre Leidenschaft.
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BärnToday: Wie bist du überhaupt zum Cosplay gekommen?

Silja Läng: Vor circa achteinhalb Jahren habe ich angefangen, meine eigenen Sachen zu machen. Einige Kollegen von mir waren bereits in der japanischen Popkultur und haben genäht, aber das konnte ich selbst nie. Da habe ich eine Cosplayerin gefunden, die Rüstungen und Anleitungen dazu gemacht hat. Schliesslich habe ich mir Material bestellt und es selbst ausprobiert.

Wie entscheidest du, was für eine Figur du jeweils verkörpern willst?

Wichtig ist, dass man einen Charakter wählt, den man wirklich toll findet – so ist auch das Herz mit dabei. Ich orientiere mich oft daran, welche Spiele ich selbst spiele. Es gibt aber auch solche, die ich nicht mehr so häufig spiele, aber bei denen mir die Designs gut gefallen.

Was macht dir am meisten Spass: Die Auftritte auf einer Bühne oder die Arbeit an den Kostümen?

Der schönste Moment am Cosplay ist, wenn man nach mehreren hundert Stunden die komplette Ausrüstung anzieht und sich im Spiegel sieht. Dann denke ich oft «wow, das habe ich gemacht».

Wie wichtig sind Conventions und Wettkämpfe?

Ohne Deadline geht für mich nichts. Während der Pandemie gab es ja keine Conventions, da hatte ich auch keine Motivation, etwas zu machen. Bei Wettkämpfen kann man sich zwar komplett ausleben, was Cosplays angeht, aber ich habe aber gemerkt, dass der Druck und Stress sehr schlecht für meine mentale Gesundheit sind.

Letztes Jahr habe ich am HeroFest in Bern am Contest teilgenommen, da war ich so nervös, dass mich meine beste Freundin aktiv ablenken musste. Sobald ich aber auf der Bühne stehe, geht es gut. Ich habe da sogar die «Best in Show»-Auszeichnung gewonnen.

Was war der grösste Stress, den du je mit einem Cosplay hattest?

Bei meinem Akroma-Cosplay (Anm. d. Red.: Ein Charakter aus dem Sammelkartenspiel «Magic: The Gathering») habe ich in zweieinhalb Wochen circa 200 Stunden mit Unterstützung von anderen investiert. Da habe ich teilweise nur drei Stunden geschlafen und weitergearbeitet. Schlaf war sekundär. Ich kann mich heute an die Hälfte von der Veranstaltung gar nicht mehr erinnern.

Jetzt wird Cosplay langsam zum Beruf, da ändert sich auch mein Verhältnis dazu. Jetzt geht es nicht nur darum, meine eigenen Ansprüche, sondern auch die von anderen Personen zu erfüllen.

Was sind die Voraussetzungen, um selbst in dieses Hobby einzusteigen?

Die Voraussetzungen sind dieselben wie bei jedem anderen Hobby: Du musst es machen wollen.

Ein spezielles Talent braucht man nicht, ausser man will zu den Allerbesten gehören. Es ist aber natürlich hilfreich, um die Fähigkeiten schneller zu erlernen.

Man muss also kein gelernter Rüstungsschmied sein, um solche Kostüme zu bauen?

Nein, nicht unbedingt. Es gibt zwar Leute, die mit echten Materialien wie beispielsweise Leder arbeiten. Aber für meine Rüstungsteile benutze ich EVA Schaumstoff. Das ist ein Isolationsmaterial, wie man es auch im Fitnesscenter findet. Es ist relativ leicht und mit Schleifen und Erhitzen lassen sich die Schaumstoffplatten zu Rüstungsteilen verformen.

Wie sieht es aus mit Verletzungen beim Arbeiten?

Lustigerweise habe ich mich noch nie wirklich geschnitten, aber es kommt zu vielen Verbrennungen. Heissleim fasse ich immer zu früh an. Sonst hält es sich bei mir aber in Grenzen.

Was machst du mit den ganzen alten Rüstungen?

Ich behalte die Cosplays, die ich noch anziehen kann. Das sind so drei bis vier Stück. Die anderen schmeisse ich weg, auch wenn es mir schwer fällt. Da hängen Schweiss, Blut und Tränen daran.

Neueinsteiger könnten von den beeindruckenden Cosplays abgeschreckt werden. Was sind deine Tipps für Anfänger?

Ich habe selbst schon Workshops zu Cosplays gegeben. Viele Leute haben das Gefühl, dass sie das nie könnten. Mein Handwerkslehrer hat mir auch gesagt, dass ich das nicht kann. Man darf bei einem fertigen Cosplay aber auch die Tausenden von Stunden nicht vergessen, die man in alte Projekte investiert hat und die Fähigkeiten, die man dadurch erlernt hat.

Jeder fängt irgendwo an. Man sollte am Anfang nicht auf das ganze Projekt schauen, sondern nur mit einem einzigen Teil anfangen. Dann ist es plötzlich gar nicht mehr so viel.

Du hast gesagt, Cosplay wird bei dir langsam zum Beruf. Was ist der Unterschied zum Cosplay als Hobby?

Man kann sich das Cosplay nicht mehr so genau aussuchen. Meine Motivation ist jetzt eher, zeigen zu können, wie cool Cosplays sind. Es ist für mich auch eine Ehre, für ein Projekt ausgewählt zu werden. Da will ich natürlich beweisen, dass ich es auch wert bin.

Für das HeroFest arbeite ich an einem Cosplay für Padma, ein Unternehmen, das Nahrungsergänzungsmittel nach tibetischer Rezeptur herstellt. Die Verantwortlichen haben ein Comic um eine Figur names Amji Aru kreiiert, welche ich am Freitag und Samstag an ihrem Stand mit meinem Cosplay darstelle.

Wie soll man mit Cosplayern an Veranstaltungen umgehen? Was darf man, was darf man nicht?

Das Wichtigste ist, nichts anzufassen, ohne zu fragen. Oft ist es okay, aber man muss auch ein Nein akzeptieren können. Auch wenn jemand offensichtlich eine Pause macht, also irgendwo sitzt und gar ein Rüstungsteil abgelegt hat, bitte keine Fotos machen. Gebt den Leuten ihre Pause. Generell gilt: nicht einfach Fotos machen. Wenn man uns fragt, gibt es ein cooles Foto, bei welchem wir als Charakter posen.

Weitere Bilder und Cosplays von Silja Läng alias «SodiumCat» finden sich auf ihrer Facebookseite Sodiumcat Art and Cosplay oder ihrem Instagram-Profil.

veröffentlicht: 14. Oktober 2022 05:39
aktualisiert: 14. Oktober 2022 05:39
Quelle: BärnToday

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