Gemeindefusion

Fusion von Bern und Ostermundigen lässt weiterhin Fragen offen

· Online seit 16.12.2022, 17:49 Uhr
Der Fusionsvertrag der Stadt Bern mit der Gemeinde Ostermundigen ist in der Vernehmlassung kontrovers diskutiert worden. Während Rot-grün in der Fusion eher Vorteile sieht, ist das bürgerliche Lager skeptisch. Die Begeisterung hält sich in Grenzen.
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Die Sozialdemokratischen Parteien von Bern und Ostermundigen bezeichneten die Fusion in einer Mitteilung vom Freitag als Chance für die Bevölkerung.

«Verkehr und Siedlungsentwicklung machen nicht an Gemeindegrenzen halt. Mit der Fusion kann das Ziel einer nachhaltigeren Stadtentwicklung und stadtverträglichen Mobilität besser erreicht werden», wird Meret Schindler, Co-Präsidentin der SP Stadt Bern in der Mitteilung zitiert.

«Durch die Fusion können grosse Herausforderungen wie der Fach- und Arbeitskräftemangel oder die Digitalisierung gemeinsam angegangen werden. Zudem können wir den Service public stärken, die Bevölkerung von Ostermundigen erhält bessere Leistungen als bisher», ist Kathrin Balmer, Präsidentin der SP Ostermundigen überzeugt.

Ja, aber...

Bei den Grünen sind die Weichen auch eher Richtung Fusion gestellt. Auch sie sprechen davon, dass sich mit der Fusion eine Chance bieten könne, die Lebensqualität mit sozialer und konsequent grüner Politik zu erhöhen.

Allerdings äusserte das Grüne Bündnis der Stadt Bern Vorbehalte zum Fusionsvertrag und bezweifelt, dass mit dem vorliegenden Verhandlungsergebnis diese Chancen genutzt werden können. Das Resultat überzeuge in verschiedenen Bereichen nicht. So solle eine «erstaunlich grosse Anzahl Fragen» erst nach dem Fusionsbeschluss neu geregelt werden.

Die Ostermundiger Grünen haben bereits im November über die Fusion diskutiert. Die meisten Teilnehmenden der Diskussion waren der Ansicht, dass sich die Ostermundiger Identität auch als Stadtteil von Bern weitgehend erhalten lasse. Sie sprachen sich mit grossem Mehr für eine Fusion aus.

Noch uneins

Die Mitte ist sich noch uneins. Die Mittepartei Ostermundigen schreibt in ihrer Vernehmlassungsantwort, sie könne die Frage nach einem Zusammenschluss «zum heutigen Zeitpunkt» nicht eindeutig mit einem Ja oder Nein beantworten. Die Anteile von Befürwortenden und Ablehnenden seien praktisch gleich hoch.

Die Mittepartei der Stadt Bern kann ebenfalls dem Fusionsvertrag noch nicht zustimmen, wie sie am Freitag mitteilte. So fehlt ihr beispielsweise der klare Nutzen für die Stadtberner Bevölkerung. Zudem kämpft die Mitte gegen eine drohende Steuererhöhung, die Übernahme «der überrissenen Stadt-Standards auf ein noch grösseres Gemeindegebiet» sowie die «noch zu unklare Befristung der Sonderrechte für Ostermundigen».

Auch die FDP der Stadt Bern meldet Vorbehalte an. Fusionen seien nur dann sinnvoll, wenn ein Nutzen für beide Parteien daraus resultiere. Ein solcher sei in dem nun vorliegenden Vertragswerk nicht klar ersichtlich.

Die Freisinnigen befürworten grundsätzlich Gemeindefusionen in der kleinräumigen Schweiz. Stand heute schätzt die FDP-Leitung, dass sich Befürworter und Gegner der Fusion in etwa die Waage halten. Die Skepsis sei aber gross.

Ein Nein von der SVP Stadt Bern

Die SVP der Stadt Bern lehnt die Fusion ab, wie aus ihrer Vernehmlassungsantwort hervorgeht. Aus ihrer Sicht wird der Fusionsvertrag «zur Fusionslast». Die Ungleichbehandlung der beiden Gemeinden innerhalb der Vertragsthemen führe zu Unstimmigkeiten, welche die fusionierte Gemeinde «lange, ja zu lange politisch beschäftigen wird», befürchtet die SVP.

Die finanziellen Risiken seien hoch und der Nutzen kaum sichtbar. Schulden würden angehäuft und die Verwaltung massiv durch Doppelspurigkeiten aufgeblasen. Eine Fusion kann aus Sicht der SVP Stadt Bern nur gelingen, wenn beide Gemeinden auf Augenhöhe den Fusionsvertrag gestalten, die Rechte und Pflichten gleich verteilt sind.

Die EVP Ostermundigen lehnt den Fusionsvertrag ebenfalls mehrheitlich ab. Eine detaillierte Auswertung der Vernehmlassungsantworten wollen die Behörden voraussichtlich im ersten Quartal 2023 veröffentlichen.

veröffentlicht: 16. Dezember 2022 17:49
aktualisiert: 16. Dezember 2022 17:49
Quelle: sda

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