Der Gemeinderat hat dem Stadtrat einen Nachkredit über 2,738 Millionen Franken beantragt. Das Geld sei nötig, um den Alltagsbetrieb des Amtes für Erwachsenen- und Kindesschutz (EKS) zu stabilisieren.
Nicht nur Belastung durch neue Software
Ein Grund für die Überbelastung ist auch die im Sommer 2023 neu eingeführte Software Citysoftnet. Technische Probleme liessen die Pendenzenberge stark steigen, Anfang 2024 wurde ein dritter Nachkredit für Personalaufstockungen bewilligt. Die zusätzlichen Mittel für das Amt für Erwachsenen- und Kinderschutz hätte aber nicht nur mit der Software zu tun, wie Gemeinderat Reto Nause auf Anfrage erklärt: «Es hat sehr viel damit zu tun, dass wir während der Corona-Zeit ein unglaubliches Wachstum an Fällen hatten und dass diese sehr komplex waren.» So gebe es mehr Menschen, die psychisch stärker angeschlagen seien als früher, wodurch auch der zeitliche Aufwand der Betreuung steige.
An den Pendenzen, die sich angestaut hatten, arbeite man bis heute, doch es gebe Fortschritte. «Grosso modo konnten wir die Pendenzensituation stabilisieren», sagt Reto Nause. Es werde aber schwierig bleiben in der Gesamtkonstellation das Amt stabil zu halten – aber das ist nicht nur der Softwarelösung geschuldet.
Burnouts und Kündigungen
Die Überbelastung des Personals hat im Amt zu zahlreichen krankheitsbedingten Ausfällen und Kündigungen geführt. 2023 habe das Amt für Erwachsenen- und Kinderschutz 10 Burnouts und 35 Kündigungen verzeichnet, 2024 gab es bis am 8. August 8 Langzeitabsenzen und 11 Kündigungen, wie dem Vortrag des Gemeinderats an den Stadtrat zu entnehmen ist.
So nennt der Gemeinderat ein Beispiel eines Teams, wo über mehrere Monate das halbe Team (drei von sechs hochprozentig angestellten Mitarbeitenden) wegen Krankschreibungen ausgefallen sei.
Ebenfalls sorge die Abwanderung von qualifiziertem Personal aus dem Sozialbereich zu einem Fachkräftemangel, was die Rekrutierung von geeignetem Personal erschwere. «Teilweise wurden Leute aus dem EKS direkt von Landgemeinden abgeworben – mit dem Versprechen, dass die Fallbelastung kleiner sei», so der Gemeinderat. «Bei der Rekrutierung hatten wir aufgrund des Fachkräftemangels grosse Mühe und mussten darum auf teure Drittanbieter ausweichen.»
Dafür wird das Geld verwendet
Der Nachkredit wird für höhere Personal- und Dienstleistungskosten und Kosten für Massnahmen der eingesetzten Taskforce benötigt. «Wenn man die Arbeit, die komplizierter wird, auf mehr Köpfe verteilen kann, ist auch die Belastungssituation der Einzelnen überblickbar. Da können wir einen Hauptbeitrag leisten, damit wir als Stadt Bern oder in Zukunft eine attraktive Arbeitgeberin bleiben», sagt Reto Nause, Direktor für Sicherheit, Umwelt und Energie.
Ein Ende Juni veröffentlichter externer Untersuchungsbericht kritisierte die Rolle der Stadt bei der Einführung von Citysoftnet stark. Die beauftragte Firma PriceWaterhouseCoopers folgert, dass die Einführung «der sehr komplexen IT-Lösung einen umfassend begleiteten Übergangsprozess mit deutlich mehr Begleitung erfordert hätte» und mehr zusätzliche Ressourcen nötig gewesen wären. Der Gemeinderat kündigte damals bereits an, dass weitere Nachkredite nötig sein würden.
(dak)