Ärztliche Betreuung

Kanton hebt 15-Minuten-Notfallregel für Geburtshäuser auf

22. September 2022, 14:40 Uhr
Einem Geburtshaus in Ostermundigen wurde die Bewilligung entzogen, weil Patientinnen nicht innerhalb von 15 Minuten ärztliche Betreuung erhielten. Nun wird die umstrittene Regel gestrichen. Für gebärende Frauen ändert sich nichts.
Eine Hebamme misst den Kopfumfang eines Neugeborenen. (Archivbild)
© KEYSTONE/GAETAN BALLY
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In den Geburtshäusern des Kantons Bern gilt künftig nicht mehr, dass Gebärende bei einem Notfall innert fünfzehn Minuten ärztliche Betreuung erhalten müssen. Die Berner Regierung hat die kantonale Gesundheits-, Sozial- und Integrationsdirektion (GSI) damit beauftragt, die Spitalversorgungsverordnung entsprechend anzupassen.

Wie die Kantonsregierung am Donnerstag mitteilte, reagiert sie damit auf einen vom Grossen Rat im Juni geforderten Bericht. Er zeigt eine Alternative zur bisherigen zeitlichen Vorgabe für ärztliche Notfallinterventionen in Geburtshäusern auf.

Rasche Verlegung muss gewährleistet werden 

Unbestritten sei aber, schreibt die Regierung, dass im Notfall eine rasche Verlegung vom Geburtshaus in ein Spital gewährleistet werden müsse. Der Kanton Bern erwarte, dass es für Mutter und Kind Notfallpläne gebe. Im Sinne eines Notfallmanagements sollen Geburtshäuser Kooperationsverträge mit einem nahegelegenen Spital abschliessen.

Das Gesundheitsamt plant, die Spitalverordnung auf den 1. Januar 2023 anzupassen.

Betriebsbewilligung bislang entzogen 

Die bisherige 15-Minuten-Regel hatte Ende 2021 und Anfang dieses Jahres das Geburtshaus Luna in Ostermundigen an den Rand der Schliessung gebracht. Der Kanton Bern entzog dem Haus die Betriebsbewilligung, nachdem es nicht hatte sicherstellen können, dass Patientinnen innerhalb von 15 Minuten ärztliche Betreuung erhielten. Im Geburtshaus sind Hebammen tätig.

Die Betreiberinnen und Betreiber des Hauses konnten dann aber einen neuen Kooperationsvertrag mit Schutz und Rettung Bern vorlegen. Zugunsten des Geburtshauses Luna wurde eine Petition lanciert und Politikerinnen und Politiker schalteten sich ein.

Für gebärende Frauen ändert sich nichts

Beim Geburtshaus Luna zeigt man sich erfreut über den Entscheid des Kantons. Damit sei «eine realistische Umsetzung» des Notfallartikels künftig möglich, heisst es auf Anfrage. Geschäftsleiterin Susanne Clauss sagt: «Es freut uns sehr, dass der Kanton eingelenkt hat und die unsinnige 15-Minuten-Regelung streicht. Ein Geburtshaus verfügt nämlich nicht über die Infrastruktur, um weiterführende ärztliche Notfallmassnahmen durchführen zu können.»

Für die Patientinnen des Geburtshauses ändert sich mit dem Entscheid nichts. Eine Hembamme sei im Falle eines Notfalls nach wie vor für die Erstversorgung und in einem zweiten Schritt für eine allfällige Verlegung zuständig. «Es ist ein rein verwaltungstechnischer Aufwand, der wegfällt wie auch die Kosten für diesen Aufwand», so Clauss. 

(sda/ris)

Quelle: BärnToday
veröffentlicht: 22. September 2022 13:57
aktualisiert: 22. September 2022 14:40