Mythos 1: «Psychische Erkrankungen sind sehr selten»
«Viele denken sich, dass das Thema sie sowieso nicht betreffe», sagt die Psychologin. Doch dies sei falsch. «Wir wissen heute, dass fast jeder dritte Schweizer mindestens einmal in seinem Leben von einer psychischen Krankheit oder Krise betroffen ist.»
Mythos 2: «Nur schwache Menschen werden psychisch krank»
«Das hat überhaupt nichts mit Stärken oder Schwächen zu tun», wie die Expertin bekräftigt. «Psychische Erkrankungen können jeden treffen.» Das hänge von verschiedenen Faktoren ab.
Mythos 3: «Psychische Krankheiten sind keine echten Krankheiten»
Dieser Mythos hält sich hartnäckig – zu Unrecht. «Sie sind genau gleich echt wie andere somatische Krankheiten. Sie benötigen genau gleich Hilfe und Behandlung.»
Mythos 4: «Die Heilung von psychischen Krankheiten ist einzig eine Willenssache»
«Man muss es nur wollen, dann überwindet man das schon», ist eine geläufige Annahme über psychische Krankheiten. Die Psychologin sagt dazu aber: «Bei einem Beinbruch sagen wir ja auch nicht, dass wir diesen bloss aussitzen sollen.» Deshalb sei es wichtig, die richtige Behandlung zu erhalten – wie bei einem Beinbruch eben auch.
Mythos 5: «Frauen sind häufiger betroffen als Männer»
Das stellt die Expertin in Abrede. Sie hat aber eine Erklärung dafür, warum dieser Mythos vorherrscht. «Häufig haben Männer andere psychische Erkrankungen als Frauen oder die Krankheiten zeigen sich anders.» Zudem würden sich Männer weniger oft Hilfe suchen.
Mythos 6: «Psychische Erkrankungen sind unheilbar»
Die Annahme, eine psychische Erkrankung bleibe für immer, hält sich hartnäckig. «Der Grossteil der psychischen Erkrankungen tritt episodisch und nur einmal im Leben auf.» Nach einer Behandlung und dem Abklingen der Symptome seien bei vielen Krankheiten die Kriterien für eine Störung nicht mehr gegeben.
Mythos 7: «Kinder können nicht psychisch krank werden»
Auch dem ist nicht so, wie sich spätestens in der Corona-Zeit gezeigt hat. «Vor allem Jugendliche und junge Erwachsene waren psychisch belastet», so die Psychologin. Studien zeigten zudem, dass fast 50 Prozent aller psychischen Erkrankungen bereits im Jugendalter oder in der frühen Adoleszenz beginnen.
Der Psychologin Leila Maria Soravia ist es ein Anliegen, über psychische Erkrankungen aufzuklären. «Ein grosses Problem ist, dass diese nach wie vor tabuisiert und stigmatisiert werden.» Deshalb seien Öffentlichkeitsarbeit und breitere Angebote das A und O. «Damit schafft man es, dass sich mehr Menschen frühzeitig Hilfe holen.»
Als grosse Ressource betrachtet Soravia auch die sozialen Medien. «Sie schaffen bei einem jungen Publikum Zugang für eine Sensibilisierung.» Allerdings verbreiten sich auch falsche Informationen über Social Media. Die Expertin rät daher, auf Plattformen, die der Bund mitfinanziert, zurückzugreifen – so wie das Berner Bündnis gegen Depression.