Q&A

Abstimmung am Sonntag: Das musst du über die Umfahrung Aarwangen wissen

06.03.2023, 15:40 Uhr
· Online seit 06.03.2023, 13:53 Uhr
Im Kanton Bern entscheiden die Stimmberechtigten am Sonntag über einen Kredit für den Bau der Umfahrung Aarwangen. Die wichtigsten Fragen und Antworten findest du in diesem Artikel.
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Worüber wird abgestimmt?

Das Berner Stimmvolk entscheidet am 12. März über einen Baukredit von knapp 100 Millionen Franken für eine Umfahrung Aarwangen. Die Umfahrung soll die Durchfahrt durch Aarwangen vom Durchgangsverkehr entlasten und für mehr Sicherheit für Fussgänger und Fahrradfahrer sorgen.

Wie soll die Umfahrung aussehen?

Konkret soll eine 3,6 Kilometer lange Strasse den Durchgangs- und Schwerverkehr westlich um Aarwangen herum lenken. Diese Strasse soll nordwestlich von Aarwangen mit einem neuen Kreisel von der Kantonstrasse abzweigen. Dann überquert die Strasse die Aare und das Banfeld mit einer Brücke von 480 Metern Länge. Beim Spichigwald ist ein Tunnel geplant, auch dieser Tunnel ist rund einen halben Kilometer lang. Längere Varianten wurden wegen der hohen Kosten wieder fallengelassen.

Anschliessend führt die Umfahrung über das Landwirtschaftsgebiet Risenacher und mündet über den neuen Kreisel «Tannwäldli» in die Kantonstrasse Bern-Langenthal. Vor allem dieser südliche Abschnitt ist wegen des Verbrauchs an Kulturland umstritten. Die Strasse führt durch ein sogenanntes «Smaragd»-Gebiet, das für die Artenvielfalt besonders wertvoll ist.

Wie sehen die Ersatz- und Ausgleichsmassnahmen aus?

Die geplante Umfahrung greift in den Naturraum von Pflanzen und Tieren ein. Um diese Lebensräume wiederherzustellen, plant der Kanton Bern folgende Massnahmen:

  • Der gerodete Wald soll an Ort und Stelle oder in der Nähe mithilfe von einheimischen Bäumen wieder aufgeforstet werden.
  • Aufwertungs- und Ersatzmassnahmen für das Aareufer und Wiesenbäche anhand neuem Lebensraum an 70 Meter langen Abschnitt des Teuffetalbachs.
  • Das Pflanzen von etwa neuen Feuchtwiesen mit der Fläche von etwa fünf Fussballfeldern.
  • Um den Verlust von Kulturland zu reduzieren, soll eine Landumlegung umgesetzt werden.

Welche Auswirkungen hätte das Projekt für den Oberaargau?

Der Verkehr ist im Oberaargau ein viel diskutiertes Thema. In «Nadelöhren» wie Aarwangen staut sich laut der Berner Bau- und Verkehrsdirektion der Verkehr immer mehr. Durch Projekte wie die Umfahrung Aarwangen sollen Dorfkerne entlastet werden. Berechnungen gehen von einer Halbierung des Durchgangs- und Schwerverkehrs durch den Dorfkern von Aarwangen aus. Momentan sind es etwa 17'000 Fahrzeuge, die an Werktagen durch Aarwangen fahren. Ein grosser Teil des Verkehrs aus dem Grossraum Langenthal in Richtung Autobahn A1 fährt durchs Dorf.

Wie viel kostet das Projekt und wer finanziert es?

Die Gesamtkosten betragen gemäss «VoteInfo» 194 Millionen Franken. Über die Hälfte der Kosten übernimmt der Kanton Bern, knapp ein Viertel zahlt der Bund. Gemeinden und Werke sind mit vier Millionen und die Aare Seeland mobil AG mit 39 Millionen beteiligt. Zur Abstimmung gelangt am 12. März nun ein Kredit von 97,8 Millionen Franken.

Was sagen Befürworterinnen und Befürworter?

Für das Ja-Komitee ist klar: Das Ortszentrum von Aarwangen ist verkehrsmässig ein «Nadelöhr», das täglich von 17'000 Fahrzeugen verstopft wird. Mit einem «Ja» soll dieses Problem behoben werden. Ausserdem sehen die Befürwortenden die Fuss- und Fahrradwege eingeklemmt zwischen dem vielen Verkehr. Gerade Schulkinder seien so einem täglichen Risiko ausgesetzt, wie das Ja-Komitee der Verkehrssanierung auf ihrer Website schreibt. Erschwerend kommt hinzu, dass die Bahngeleise der Aare-Seeland-Mobil («Bipperlisi») parallel zur Strasse durchs Dorf führen.

Unter Landwirtinnen und Landwirten variieren die Meinungen zum Projekt. Landwirt und SVP-Grossrat Andreas Schüpbach stimmt dem Projekt zu. So sagt er auf Anfrage: «Der Verkehr nimmt stetig zu und auch die Landwirtschaft braucht Strassen.» Gerade für den Transport der «Pschütti», Gerätschaften, Futter oder Grastrocknungen seien die Verkehrswege essenziell. Weiter sagt Schüpbach:

Für ihn steht ausser Frage, dass man zum Kulturland Sorge tragen muss. Man könne aber den Erhalt von Kulturland nicht nur bei Strassen geltend machen und sonst die Augen verschliessen. «Beim Bau von jedem Haus und jedem Radweg wird Kulturland benötigt».

Was sagen Gegnerinnen und Gegner?

Gegnerinnen und Gegner des Projekts wehren sich gegen den Verlust von Kulturland und Landwirtschaftsfläche. Besonders die direkt betroffenen Bauernbetriebe wehren sich mit aller Kraft gegen die neue Hochleistungsstrasse. Ausserdem ginge ein Naherholungsgebiet verloren. Während einer Protestaktion sagte Fredy Lindegger, Präsident der Oberaargauer Grünen, gegenüber TeleBärn:

Die Gegnerschaft demonstrierte im Februar sogar vor dem Berner Rathaus gegen die Umfahrung. Unter anderem fuhren Bauern mit kleinen Traktoren auf und installierten auf dem Platz einen Streifen Erde mit Karotten:

Quelle: BärnToday / Warner Nattiel

Wie steht's um das Umfahrungsprojekt im Emmental?

Im Kanton Bern wird am 12. März auch über den Kredit für die Verkehrssanierung Burgdorf-Oberburg-Hasle, auch genannt «Emmentalwärts», entschieden. Die Hauptmassnahmen sind Umfahrungen für die Dörfer Oberburg und Hasle. Dazu kommen zwei neue Bahnüberführungen in Burgdorf, durch die der Verkehr flüssiger werden soll. Insgesamt sind 19 Verkehrsmassnahmen geplant. Der Grosse Rat hat hierfür einen Kredit von 313,9 Millionen Franken genehmigt, über den wird nun abgestimmt. Was die Stimmberechtigten zu dieser Vorlage sagen, erfährst du im Video:

Das Umfahrungsprojekt im Emmental ist zwar teurer als jenes im Oberaargau, vor allem wegen des geplanten Tunnels in Oberburg. Es braucht aber weniger Kulturland, weil auf die Umfahrung von Burgdorf verzichtet wird. Deshalb ist der Widerstand im Emmental weniger hart als im Oberaargau. 

Was geschieht bei einem Nein?

Bei einem «Nein» zum Kredit wäre das Umfahrungsprojekt Aarwangen vom Tisch, die Mitfinanzierung durch den Bund würde verfallen und die Verkehrsprobleme in Aarwangen blieben fürs Erste ungelöst. Ein neues Projekt müsste zur Bewältigung dieser Probleme gestartet werden. Die Gegner des Umfahrungsprojekts sagen, die Verkehrsprobleme in Aarwangen liessen sich auch ohne teure Strasse lösen.

veröffentlicht: 6. März 2023 13:53
aktualisiert: 6. März 2023 15:40
Quelle: 32Today

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