Voraussetzungen nicht erfüllt

Bundesrat stellt sich gegen Einführung des dritten Geschlechts

21.12.2022, 16:01 Uhr
· Online seit 21.12.2022, 12:22 Uhr
Geht es nach dem Bundesrat, sind die Voraussetzungen, um in der Schweiz das dritte Geschlecht einzuführen, nicht erfüllt. Weder hätte die Gesellschaft dies ausreichend diskutiert, noch seien die bürokratischen Hürden den Aufwand wert. Das hält er in einem Postulatsbericht vom Mittwoch fest.
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Der Bundesrat erachtet die Voraussetzungen für die Einführung des dritten Geschlechts und damit die Abschaffung des binären Modells für nicht erfüllt. Letzteres sei in der Schweizer Gesellschaft nach wie vor stark verankert, heisst es in einer Medienmitteilung vom Mittwoch. «Die gesellschaftlichen Voraussetzungen für die Einführung eines dritten Geschlechts oder für einen generellen Verzicht auf den Geschlechtseintrag im Personenstandsregister sind derzeit nicht gegeben», schreibt die Regierung. Ausserdem wäre die Änderung des binären Geschlechtermodells mit zahlreichen Anpassungen der Verfassung und der Gesetze von Bund und Kanton verbunden.

Bürokratische Herkulesaufgabe

Derzeit werden in der Schweiz Personen ab dem Zeitpunkt der Geburt im Personenstandsregister als «männlich» oder «weiblich» eingetragen. Es ist nicht zulässig, den Eintrag offen zu lassen oder eine weitere Geschlechtskategorie zu wählen. Dies, weil an den Eintrag des Geschlechts zahlreiche rechtliche Konsequenzen geknüpft sind, schreibt der Bundesrat.

«Eine Änderung des binären Geschlechtermodells würde darum eine Vielzahl von rechtlichen Anpassungen bei Bund und Kantonen nötig machen. Angepasst werden müsste auch die Bundesverfassung, da diese namentlich im Bereich der Militär- und Ersatzdienstpflicht keine Regelung für Personen enthält, die keinen Geschlechtseintrag haben oder die mit einem anderen Geschlecht als männlich oder weiblich im Register eingetragen sind.» Fazit: laut Bundesrat ein zu hoher bürokratischer Aufwand.

Auswirkungen auf die Gesellschaft

Auch die Auswirkungen bei Einführung eines dritten Geschlechts auf die Gesellschaft geben dem Bundesrat zu denken. Er kommt deshalb zum Schluss, «dass die Auswirkungen eines neuen Geschlechtermodells in der Gesellschaft noch nicht ausreichend diskutiert worden und deshalb die Voraussetzungen für die Einführung eines dritten Geschlechts derzeit nicht gegeben sind.»

«Ohrfeige gegen nicht binäre Menschen»

Die Grünen bezeichneten die Aussagen des Bundesrats als Ausflüchte. Es sei absurd und rückwärtsgewandt, dass der Bundesrat nicht anerkenne, dass sich die Gesellschaft weiterentwickle. Ein drittes, unbestimmtes Geschlecht sei für viele Menschen ein Bedürfnis. Die Partei kündigte an, eine parlamentarische Initiative oder eine Motion einzureichen, um ein drittes Geschlecht in der Schweiz zu ermöglichen.

Für Transgender Network Switzerland ist die Haltung des Bundesrats eine «Ohrfeige gegen nicht binäre Menschen». Damit demonstriere der Bundesrat vor alles seine eigene feindliche Einstellung. Zudem kenne die Regierung die Haltung der Schweizer Bevölkerung nicht, denn in einer Untersuchung des des Forschungsinstitut Sotomo von 2021 hätten sich 53 Prozent für einen Eintrag für nicht binäre Menschen in amtlichen Dokumenten ausgesprochen.

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veröffentlicht: 21. Dezember 2022 12:22
aktualisiert: 21. Dezember 2022 16:01
Quelle: Today-Zentralredaktion

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