Rassismus

Lehrer boykottiert Dürrenmatts «Die Physiker» wegen «N-Wort»

· Online seit 15.12.2022, 17:21 Uhr
Der Zürcher Lehrer Philippe Wampfler verbannt die Pflichtlektüre «Die Physiker» von Schriftsteller Friedrich Dürrenmatt aus dem Unterricht. Den Boykott zieht er solange durch, bis der Verlag eine Version ohne die rassistische Bezeichnung veröffentlicht.
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Das Drama «Die Physiker» gehört in Mittelschulen zu den Standardwerken. Genau dieses Buch verbannt Philippe Wampfler, Deutschlehrer an der Zürcher Kantonsschule Enge, nun aber aus dem Unterricht. Eine Schülerin hatte ihn darauf aufmerksam gemacht, dass im Werk zweimal das rassistische «N-Wort» vorkomme und sie dieses darum nicht lesen wolle, wie «Watson» berichtet.

Wampfler begründet den Boykott gegenüber dem Portal damit, dass er es als Lehrperson als seine Aufgabe sehe, «eine rassismusfreie Umgebung in der Schule» zu gewährleisten. Über das Buch sollen sich die Schülerinnen und Schüler erst wieder beugen, wenn der Verlag eine Version ohne die rassistische Bezeichnung veröffentlicht.

Pflichtlektüre, die in Identität abwerte

Der Lehrer, der zudem auch Fachdidaktik Deutsch an der Universität Zürich doziert, macht darauf aufmerksam, dass das Buch an diversen Bildungsinstitutionen in der Schweiz und in Deutschland Pflichtlektüre ist. Er hat kein Verständnis dafür, dass Schülerinnen und Schüler im Unterricht eine rassistische Darstellung lesen müssen, die sie in ihrer Identität abwertet.

Soziologin und Rassismus-Expertin Anja Nunyola Glover unterstützt Philippe Wampfler. Es sei eine schockierende Tatsache, dass solche Bücher immer noch im Unterricht behandelt würden, findet sie. Sie fordert deshalb Verlage auf, rassistische Äusserungen aus ihren Büchern für die Schulen zu entfernen.

Keine separate Version

Trotz des Boykotts hält der Diogenes-Verlag an den Ausgaben fest. Der Verlag versuche bei bestimmten Bezeichnungen einen historischen Kontext mitzuliefern, heisst es laut «Watson» aus den Reihen des Verlags. Eine Version ganz ohne rassistische Äusserungen für Schulen herauszugeben und damit zwei verschiedene Fassungen zu publizieren, hält Diogenes nicht für sinnvoll.

(bza)

veröffentlicht: 15. Dezember 2022 17:21
aktualisiert: 15. Dezember 2022 17:21
Quelle: Today-Zentralredaktion

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