1. Behindertensession

«Wir möchten, dass auch uns Behinderten alle Möglichkeiten zustehen»

24.03.2023, 20:20 Uhr
· Online seit 24.03.2023, 07:30 Uhr
Jeder Fünfte hierzulande ist betroffen – und doch wird das Thema Behinderung in der Politik nur selten behandelt. Auch, weil Behinderte selber untervertreten sind. Die erste Behindertensession am Freitag soll dies nun ändern. Eine Teilnehmerin erzählt, was sie sich davon erhofft.

Quelle: TeleZüri

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Rund 1,7 Millionen – so viele Menschen in der Schweiz haben eine Behinderung, wie das Bundesamt für Statistik weiss. Dies entspricht einem Bevölkerungsanteil von knapp 20 Prozent. In der Politik sind behinderte Menschen allerdings stark untervertreten. Deshalb kommt 44 von ihnen am Freitag eine besondere Rolle zu: jene als Parlamentarierinnen und Parlamentarier in der allerersten Behindertensession der Schweiz.

Die Behindertensession findet im Nationalratssaal im Bundeshaus in Bern statt und wurde vom Verein Pro Infirmis ins Leben gerufen. Ziel der Behindertensession ist es, die politische Teilhabe für Menschen mit Behinderungen zu stärken – im National- oder Ständerat, aber auch in Parlamenten auf Kantons- oder Gemeindeebene bilden sie eine deutliche Minderheit.

Schweiz ist nicht genug behindertenfreundlich

Die Session soll sichtbar machen, dass es durchaus Menschen mit Behinderungen gibt, die kompetent und gewillt sind, ein politisches Amt wahrzunehmen. Einige der 44 Teilnehmenden haben bereits entsprechende Erfahrung in verschiedenen Exekutiven und Legislativen: Als Nationalrat, als Gemeinderätin oder als Regierungsrat eines Kantons.

Für andere hingegen ist es das erste Mal, dass sie sich politisch engagieren. Eine von ihnen ist Anne Hägler aus Winterthur. Der Ernährungsexpertin, die an Multiple Sklerose erkrankt ist, ist es ein grosses Anliegen, dass Menschen mit Behinderungen eine Lebensqualität geniessen können, die jener von Menschen ohne Behinderung in möglichst wenigen Punkten nachsteht. «Wir möchten, dass auch uns alle Möglichkeiten zustehen», sagt sie gegenüber der Today-Redaktion.

Wie Hägler erläutert, sei dies hierzulande bei weitem noch nicht der Fall. Umso wichtiger findet sie, dass nun viele Leute zusammenkommen, die gemeinsam etwas auf der politischen Ebene bewirken wollen.

«Kann bewirken, dass Parlamentarier Vorhaben unterstützen»

Zusammen mit den anderen Sessionsmitgliedern – zur Wahl angetreten waren insgesamt 260 Personen – wird Hägler am Freitagnachmittag einen Resolutionsentwurf verfassen und verabschieden. Dieser Entwurf wird am Ende der Session an Nationalratspräsident Martin Candinas (Die Mitte/GR) und an Ständeratspräsidentin Brigitte Häberli-Koller (Die Mitte/TG) überreicht.

«Die Resolution bringt hoffentlich einen Stein ins Rollen», sagt auch Fabienne Widmer, Mediensprecherin von Pro Infirmis, gegenüber der Today-Redaktion. «Sie kann sicherlich bewirken, dass die National- und Ständeräte der Schweiz politische Vorhaben von Menschen mit Behinderungen unterstützen oder gleich selbst entsprechende Vorstösse einreichen.»

Lerne einen weiteren Teilnehmer der 1. Behindertensession kennen:

Ein erster Schritt in die richtige Richtung

Hägler selbst hat für Freitag gar eine kleine Rede vorbereitet. Eines ihrer grössten Anliegen sei, dass die vielen einzelnen Vereine und Organisationen von und für Menschen mit Behinderungen ihre Kräfte besser bündeln: «Sie leisten alle super Arbeit, sollten aber mehr zusammenspannen. Das Ziel sollte sein, dass ich mich wegen eines Anliegens nicht an sieben verschiedene Stellen wenden muss, sondern bloss an eine.»

Ob sie über die Behindertensession hinaus politisch aktiv sein wolle, weiss Hägler nicht. «Aktiv in Bezug auf das Thema Behinderung möchte ich sicher sein. Doch ich bin mir nicht sicher, ob im politischen Rahmen.» Hierfür befinde sie sich wohl auf keiner genauen Parteilinie. Die Behindertensession aber, die sei schon mal ein erster Schritt in die richtige Richtung.

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veröffentlicht: 24. März 2023 07:30
aktualisiert: 24. März 2023 20:20
Quelle: Today-Zentralredaktion

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