BärnToday: Herr Steiner, als Headcoach des EHC Thun haben sie eine erfolgreiche Saison beendet. Letzte Woche verloren sie jedoch das letzte Finalspiel in der MyHockey League um den Amateurschweizermeistertitel gegen Martigny mit 0:4. Wie haben Sie diese Niederlage verdaut?
Daniel Steiner: Noch nicht. Wenn man so nahe am Titel ist, braucht es etwas länger Zeit, um eine Niederlage zu verdauen. Auf der anderen Seite bin ich sehr zufrieden mit dem Prozess, den wir vor 11 Monaten in Thun gestartet haben.
Sie sind nun ein Jahr Trainer in Thun. War das nach ihrer Spielerkarriere 2017 immer das grosse Ziel?
Nach meinem Rücktritt brauchte ich zuerst etwas Abstand vom Eishockey, die letzten Jahre meiner Karriere waren nicht immer einfach. Das Hockey-Virus habe ich aber nie verloren. Für mich war klar, dass ich diese Richtung einschlagen könnte und ich bin heute mit meinen Aufgaben beim EHC Thun sehr zufrieden.
Was bringt ihnen Ihre Erfahrung aus der National League in der dritthöchsten Liga der MyHockey League?
Klar bringe ich aus knapp 20 Jahren Eishockey viel Fachwissen mit. Ich habe während meiner Karriere sehr viele Trainer gesehen und habe von allen etwas gelernt. Entweder Dinge, die ich gut finde oder eben auch solche, die ich nicht machen würde. Auf der anderen Seite arbeitet man mit vielen verschiedenen Charakteren zusammen. Da muss man als Coach auf der menschlichen Ebene Einfluss nehmen. In diesem Bereich zählen die National-League-Spiele nicht mehr viel. Genau das macht die Aufgabe spannend.
Welcher Trainer hat Sie am meisten geprägt?
Der Kanadier Jim Koleff. Er hatte die Fähigkeit, jedem Spieler das Gefühl zu geben, dass er im Team enorm wichtig ist, egal welche Aufgabe er hat. Das will ich meinen Spielern in Thun ebenfalls mitgeben.
Sind Sie in der MyHockey League Vollprofi?
Coach beim EHC Thun ist meine Hauptaufgabe, die ich gefühlt zu 150 Prozent erfüllen will. Daneben habe ich ein zweites Standbein als Mitinhaber einer Firma im Athletik- und Rehabereich.
In der Finalserie kamen teilweise 2500 Leute ins Grabengut. Kann Thun zu einer Hockey-Stadt werden?
Diese Zuschauerzahlen sind ein Ausrufezeichen und sprechen dafür. Anders als in anderen Jahren, in denen das Grabengut nur voll war, wenn man beispielsweise im Cup gegen den SCB gespielt hat, kamen die Leute in diesem Jahr wegen unseren guten Leistungen. Das macht stolz.
Die Infrastruktur in Thun (Stadion Grabengut) soll saniert werden. Das wäre ein wichtiger Faktor für einen möglichen Aufstieg in die Swiss League. Spielt der EHC Thun früher oder später in der zweithöchsten Liga?
Wir sind ambitioniert, aber bleiben auch bodenständig. Auch aus sportlicher Sicht ist ein Aufstieg alles andere als einfach. Die MyHockey League ist sehr ausgeglichen und wir sind nächstes Jahr die Gejagten. Wir arbeiten weiter und werden sehen, wo es uns langfristig hintreibt.
Aktuell laufen in der National League die Playoff-Halbfinals. Wer wird Schweizermeister?
Genf spielt wirklich eine ganz starke Saison. Biel hat bisher in den Playoff-Halbfinals unglaublich überzeugt. Beide Clubs könnten in einer allfälligen Finalserie Geschichte schreiben, was die Affiche noch spezieller machen würde. Ich traue den Titel beiden zu.
Apropos National League: Wann sehen wir Sie dort als Trainer an der Bande?
Ich will mich als Trainer weiterentwickeln und dies macht mir in Thun sehr viel Freude. Darauf liegt mein Fokus und wir werden sehen, wo mich dieser Weg hinführt.
Der SC Bern wäre derzeit auf Trainersuche...
Der SCB ist eine riesige Organisation. Ich bezweifle, dass ein Jahr als Trainer reicht, um dieser Aufgabe schon gerecht zu werden.
(mfu)