Strittige Szenen

Deshalb will der Verband keine VAR-Pflicht im Cup

02.02.2023, 19:48 Uhr
· Online seit 02.02.2023, 18:39 Uhr
Der FC Thun schafft den Sprung ins Viertelfinale im Schweizer Cup. Nicht nur die Leistung des Teams, auch jene des Schiedsrichters gab zu reden. Doch der VAR intervenierte nicht, denn es gab keinen. Wieso?
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Die offene Sohle von Rüdlin gegen Chader und die Bürki-Grätsche von hinten gegen Simani: Zwei Szenen, die auch Tage nach dem Thuner Sieg im Achtelfinal des Cups bei den Fans des ausgeschiedenen Gegners zu reden geben.

Schiedsrichter-Entscheide sorgen für Diskussionen

Die Niederlage Luzerns einzig und alleine Schiedsrichter Stefan Horisberger in die Schuhe zu schieben, wäre falsch. Das Team von Mario Frick hätte genügend Können, um das unterklassige Thun auszuschalten. Dass die Thuner die Partie zu elft beenden konnten, liegt jedoch vielen FCL-Fans noch immer schwer auf dem Magen.

Im Gegensatz zum Cupspiel zwischen GC und Basel vom Mittwoch stand beim FCL-Spiel kein VAR im Einsatz, der die strittigen Szenen womöglich nochmals angeschaut hätte. Der Grund dafür liegt beim Stadion, der Thuner Stockhorn Arena. Denn die VAR-Technologie ist nur in Stadien von Super-League-Clubs installiert.

Schiedsrichter würden VAR im Cup begrüssen

«Ja, es kann zu Ungerechtigkeiten kommen, wenn beim einen Spiel derselben Cup-Runde dieselbe Situation aufgelöst werden kann, im anderen Spiel jedoch nicht», sagt Dani Wermelinger, Chef der Schweizer Spitzenschiedsrichter auf Anfrage. Auch aus Schiedsrichter-Sicht wäre man froh um einen VAR in allen Cup-Spielen. «Wir würden das Hilfsmittel sicherlich sofort annehmen. Aber ich verstehe die Kostenüberlegungen des Verbands, dass dies nicht möglich ist.»

Beim Spiel zwischen Thun und Luzern vom Dienstag hätte es einige «knackige Szenen» gegeben. «Das Spiel wird nun, wie wir dies immer tun, intern zeitnah aufgearbeitet und mit dem Schiedsrichter-Team besprochen», sagt Wermelinger dazu. Ein Unparteiischer versuche immer, die bestmögliche Leistung zu zeigen: «Schiedsrichter und Assistenten sind Menschen. Leider machen Menschen auch Fehler.»

Fehler, die von einem Videoschiedsrichter korrigiert werden könnten, wenn sie offensichtlich und klar sind. Ein Schiedsrichter gehe eine Partie ohne VAR jedoch nicht anders an. Man könne sich dies wie ein Airbag im Auto vorstellen. «Beim Autofahren will man es ja auch gar nicht erst so weit kommen lassen, dass der Airbag aufgeht», erklärt der Schiedsrichter-Chef.

VAR-Pflicht oder Cup-Charme

Einen VAR für einzelne Cupspiele in Stadien von Unterklassigen zu installieren ist derzeit jedoch kein Thema. So sagt Robert Breiter, Generalsekretär des Schweizerischen Fussballverbandes, der für die Cupspiele verantwortlich ist: «Hier stellt sich die Frage der Verhältnismässigkeit: Es ist zu teuer.»

Auch sei es keine Lösung, dem Schiedsrichter die normalen TV-Bilder, die Zuschauerinnen und Zuschauer zu Hause zu Gesicht bekommen, zur Verfügung zu stellen. «Zum einen lassen dies die Regelhüter der Fifa nicht zu. Zum anderen ist es auch technisch nicht möglich.» Voraussetzung für den VAR sei ein sogenanntes Replay-System, erklärt Breiter:

Es stellt sich also die Frage, weshalb man den VAR nicht generell zur Pflicht macht. Die Idee, beispielsweise ab dem Cup-Viertelfinal nur noch Spiele in VAR-Stadien auszutragen, wollen die Verantwortlichen jedoch nicht diskutieren: «Das entspricht nicht dem Charakter des Cups, da man dann als Unterklassiger nicht mehr in seinem Heimstadion spielen könnte.» 

Zur Frage der Fairness sagt Robert Breiter, dass der Cup anders als die Meisterschaft sei: «Wegen der Tabelle beeinflusst in der Liga jedes Spiel das andere.» Im Cup seien die Resultate unabhängig. Man nimmt also bewusst in Kauf, dass es zu Fehler kommen kann – wegen finanzieller Gründe, aber auch wegen des Charmes des Cups.

veröffentlicht: 2. Februar 2023 18:39
aktualisiert: 2. Februar 2023 19:48
Quelle: BärnToday

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