Konflikte in aller Welt

Heikles Thema – wie sprechen Berner Schulen über Krieg?

27.03.2024, 16:09 Uhr
· Online seit 27.03.2024, 16:03 Uhr
Die weltweiten Kriege und Konflikte sind auch Thema in Berner Schulen. Der Umgang mit diesen erfordert von Lehrpersonen absolute Objektivität und Wachsamkeit. Die Emotionalität und Betroffenheit aber ist eine Herausforderung.
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Seit zwei Jahren herrscht in der Ukraine Krieg und seit bald einem halben Jahr erreichen uns täglich Nachrichten aus dem Gazastreifen. Und nicht zu vergessen die anhaltenden Konflikte beispielsweise in Haiti und dem Kongo. Alle Konflikte lösen Emotionen und Beunruhigung aus, insbesondere jene, die uns geografisch am nächsten sind. Viel wird darüber berichtet und intensiv diskutiert. Nicht immer sind die Perspektiven auf die Konflikte gleich. Was schon für Erwachsene ein kompliziertes Thema ist, beschäftigt auch Kinder und damit die Lehrkräfte an den Schulen.

Konflikte und Kriege im Unterricht

Der Berufsverband Bildung Bern unterstützt Lehrpersonen im Umgang mit aktuellen Kriegen und Konflikten. Zum Ukrainekrieg beispielsweise stellt der Berufsverband eine Sammlung an Lehrmitteln, Tipps und Hintergrundinformationen zur Verfügung. Auch zum Nahost-Konflikt gebe es Materialien, sagt Franziska Schwab auf Anfrage. Sie ist Leiterin Pädagogik bei Bildung Bern und sieht die Schule als wichtige Informationsvermittlerin an, da an Familientischen immer weniger über Politik gesprochen werde und Kinder und Jugendliche häufiger über soziale Medien informiert oder je nach Situation manipuliert werden.

«Die Schule ist ein Spiegel der Gesellschaft», sagt Schwab. Themen, die in der Gesellschaft relevant seien, müssten auch im Unterricht stattfinden. Das gelte ebenso für Kriege und Konflikte auf der Welt. Ziel sei es, die Geschichte und das Verhältnis zu vermitteln, in denen Konflikte entstehen und wie sie bewältigt werden können. «Bei Konflikten geht es darum, Ereignisse einzuordnen und auch aufzuzeigen, wie Frieden erhalten werden kann.»

Lehrpersonen als objektive Vermittelnde

Werde im Unterricht über Kriege und Konflikte gesprochen, würden Lehrpersonen wie Journalistinnen und Journalisten agieren, so Franziska Schwab. «Sie dürfen ihre persönliche Meinung nicht intransparent in den Unterricht einfliessen lassen, sondern müssen verschiedene Perspektiven aufzeigen und mit den Schülerinnen und Schülern diskutieren.» Dabei beleuchten sie, was stimmt, was nicht stimmt und wo der Ursprung der verschiedenen Perspektiven liegt. Die Kinder sollen sich so selbst eine Meinung bilden können.

Viel lernen würden Schulkinder dann, wenn unterschiedliche Kulturen in einer Klasse vertreten seien und allfällige Konflikte thematisiert und diskutiert werden können, ergänzt Franziska Schwab. Es bedinge aber, dass die Lehrpersonen ein gutes Verständnis hätten von der Geschichte und der Entwicklung von Konflikten und diese den Kindern auch gut erklären können.

Wissen als Voraussetzung

Ähnlich wie beim Berufsverband der Lehrpersonen klingt es eine Stufe weiter oben, bei Niels Lang, Co-Präsident des Verbands der Schulleiterinnen und Schulleiter des Kantons Bern: «Die aktuell herrschenden Kriege und Konflikte auf der Welt würden unter zwei Umständen im Unterricht besprochen.» Sie würden zum einen dann Thema, wenn sie die Schulkinder beschäftigen, zum anderen, wenn die Konflikte im Rahmen des aktuellen Unterrichtthemas aufgegriffen werden können – beispielsweise beim Behandeln der Weltkriege im 20. Jahrhundert.

Äussern sich Kinder zu Konflikten, dürfe dies nicht unbemerkt bleiben, sagt Niels Lang. Je nachdem, was die Äusserungen beinhalten, müsse auch Haltung gezeigt und interveniert werden, damit es nicht zu Rassismus und Ausgrenzung komme.

Mit der Emotionalität und Betroffenheit, die dabei im Spiel seien, umzugehen, sei für Lehrpersonen herausfordernd. Kinder seien zudem geprägt durch ihre Eltern. «Wir können die Wahrnehmungen nicht ändern und wir wollen sie auch nicht ändern – wir müssen die Wahrnehmungen als solche aufnehmen und einen Raum geben», sagt Niels Lang.

Es gehe darum, Emotionen zu benennen, mit diesen umzugehen und darauf hinzuweisen, dass wir hier in der Schweiz sind und versuchen, Brücken zu schlagen – «dass man einsteht für Versöhnung, Diskurs und Frieden und nicht für Hass. Immer wachsam zu sein, Zeichen zu deuten und Konflikte zu thematisieren, sei pädagogische Knochenarbeit.»

veröffentlicht: 27. März 2024 16:03
aktualisiert: 27. März 2024 16:09
Quelle: BärnToday

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