Social-Media-Hype

Schnitzeljagd «Cash Catches»: Auch in Bern liegt das Geld auf der Strasse

· Online seit 12.04.2024, 05:50 Uhr
20 Franken unter einer Sitzbank, eine 50er-Note auf dem Spielplatz: Sogenannte «Cash Catches» sorgen in den sozialen Netzwerken für Wirbel. Kurze Videos geben Hinweise auf das Versteck, anschliessend beginnt die Jagd. Der Hype ist nun auch in Bern entflammt.

Quelle: BärnToday

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Sie erkunden das Trottoir, blicken prüfend aufs Handy, wieder checken sie die Ritzen am Boden – junge Menschen suchen mitten in der Stadt Bern eine 20er-Note.

Dahinter steckt ein Social-Media-Phänomen: «Cash Catches» oder «Treasure Hunts». Das Prinzip ist einfach: Eine Person versteckt zwischen 10 und 100 Franken an einem öffentlichen Ort, filmt sich dabei und zeigt im Video die Umgebung des Verstecks. Dann postet sie es in den sozialen Medien. Die Follower versuchen, den Ort so schnell wie möglich zu erraten und aufzufinden. Wer als Erster beim Versteck ist, dem gehört das «Nötli».

«Es ist crazy»

Nun entzündete sich auch in Bern das «Jagdfieber» nach Geld. S., ein 24 Jahre alter Mann, betreibt seit Mitte März der Berner Instagram-Kanal @bern.cashout. Inzwischen erreicht er mehr als 7300 Followern mit den Videos, täglich werden es mehr.

«Ich habe nie erwartet, dass es ‹so› gross wird – es ist crazy», sagt der junge Host. Er verrät nur den Anfangsbuchstaben seines Vornamens, er möchte anonym bleiben.

S. selbst entdeckte die Geldjagd auf Instagram – wie wohl viele andere «Berauschte». Sein Vorbild ist der Schnitzeljagd-Kanal aus Zürich @zh_cashout, diesem folgen aktuell rund 18'500 Leute. Noch mehr Menschen begeistern solche Portale in deutschen Grossstädten wie Berlin oder München, in der Niederlande teilen über 200'000 Menschen die «unbändige» Faszination.

Die erste 50-er Note in Bern

An einem Morgen, kurz bevor S. in den Europapark reiste, versteckte er mitten in Bern die ersten 50 Franken. Es dauerte nicht lange, bis sich die Finderin meldete. Sie müsse heute arbeiten und habe nun mit der 50er-Note für ihre Arbeitskollegin und sich ein «Riesen-Zmittag» im Burger-King gekauft, erzählt der Berner.

«Das hatte mich berührt und stimmte mich glücklich.» Sogleich postete er das nächste Video. Wieder wurde das Geld gefunden. «Ich war erstaunt und es zeigte mir, die Schnitzeljagd funktioniert auch in Bern.»

Warum einfach so Geld verschenken? 

Seit drei Wochen versteckt S., Betreiber von @bern.cashout, 10er-, 20er- oder 100er-Noten in und um Bern. Am Hype beteiligen sich vor allem Menschen im Alter zwischen 15 und 25 Jahren. «Meistens bleibe ich bei den Verstecken und warte, bis jemand kommt», sagt der junge Mann. Bisher verschenkte der Berner rund 1600 Franken «aus dem eigenen Sack» – ein teures «Hobby».

Doch warum verschenkt man einfach so Geld? «Ich bin nicht reich. Wenn ich aber das Gefühl habe, dass jemand anders das Geld besser gebrauchen kann, dann finde ich es richtig, ihm oder ihr das ‹Nötli› zu geben. Das ist meine Mentalität, so bin ich erzogen worden – das hat nichts mit ‹Cashout› zu tun», sagt der Berner. Es stimme ihn glücklich, wenn die Leute dann das Geld für ein Date investieren oder für die Bezahlung einer Rechnung nutzen.

Alles nur fake? 

Trotz aller Faszination und «Freude» sind die Leute skeptisch. Der Vorwurf: Das Geld werde nur für die Videos deponiert und die Menschen erhalten es nicht. Deshalb gibt es Regeln und S. fordert die Finderin oder der Finder auf, ein Bild mit dem Geld zu schicken, das er dann als Beweis auf seiner Seite teilt.

«Wenn jemand mit den Socken herausrennt, um der oder die Erste zu sein, dann ist das authentisch. Echtheit ist das Wichtigste», erwidert der junge Mann.

Vom Wohltäter zum Geschäftsmann?

Die Ambitionen von den «Cashout»-Betreibern sind hoch: Fast jeden Tag 10 bis 100 Franken verstecken und Freude verbreiten, das geht ins Geld.

Für S., Host von @bern.cashout, ist klar: Er will einen Schritt weitergehen. «Ich habe es geschafft, innerhalb kurzer Zeit eine grosse Anzahl an Followern zu generieren. Jetzt will ich Partnerschaften eingehen und lokalen Unternehmen eine Werbeplattform bieten. Ich bin offen für Kontakte», so die Zukunftspläne. «Klar, es wäre schön, wenn auch ‹Cash› zurückkommt», gibt der Host trotzdem zu.

Und tatsächlich steht @bern.cashout mit rund 7300 Followern im regionalen Vergleich auf Instagram gut da:

Wie es mit dem Berner «Cashout»-Account weitergeht, ist vorerst unklar. Das Ziel bleibe, das durch die zukünftigen Entscheidungen das «Feeling» der Schnitzeljagd nicht verloren geht, sagt der Betreiber von @bern.cashout. Denn auch er weiss, sobald das Vertrauen in das Social-Media-Phänomen verloren geht, könnte der Hype schnell enden. Die Schnitzeljagd nach Geld bleibt also aus Sicht der Betreiber ein «zweischneidiges» Schwert.

veröffentlicht: 12. April 2024 05:50
aktualisiert: 12. April 2024 05:50
Quelle: BärnToday

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