Inklusionscamp in Bern

Eine Woche im Zelt – für mehr Vielfalt statt Homogenität

· Online seit 20.07.2023, 05:44 Uhr
Wie funktioniert eine inklusive Gesellschaft, in der alle Menschen selbstbestimmt und aktiv am Leben teilhaben können? 50 Jugendliche zeigen dies vor – in einem Sommercamp nahe der Aare.

Quelle: BärnToday / Salome Studer / Warner Nattiel

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Beim Marzili flussaufwärts, neben den roten Containern der Aarebar, herrscht am Mittwochmittag buntes Treiben. Jugendliche in weissen Kochschürzen haben alle Hände voll zu tun – sie bereiten frische Hamburger zu, frittieren im Schatten eines Foodtrucks Pommes Frites und servieren diese in braunen Tüten den Personen, die der Mittagshitze trotzen und Schlange stehen.

Das Mini-Pop-up ist Teil der Cooltour, einem Inklusionscamp für Jugendliche mit und ohne Beeinträchtigung. Die Jugendlichen verbringen eine Woche miteinander und übernachten in Zelten auf dem Zirkusplatz, direkt neben dem Gaskessel – dort, wo tagsüber Baumaschinen rattern.

Den Jugendlichen spielt das keine Rolle. In verschiedenen Kursen lernen sie, zu skaten, zu klettern und wie Zirkus, Streetdance und Party machen geht. Teilnehmen tun Kinder ohne Beeinträchtigung, solche mit sozialen Auffälligkeiten, Kinder im Rollstuhl oder mit psychischen Beeinträchtigungen.

Offen sein

«Die Beeinträchtigung rückt schnell in den Hintergrund», sagt Jonas Staub. Er hat den Verein «Blindspot» gegründet, der dieses Jahr zum 17. Mal das Sommercamp «Cooltour» veranstaltet. «Die Menschen müssen früh Inklusion erleben, damit der Mehrwert erkannt wird und die Barrieren aktiver abgebaut werden.» Das Zusammenspiel zwischen Kindern mit und Kindern ohne Beeinträchtigung dürfe jedoch nicht romantisiert werden. Die ersten zwei Tage seien jeweils schwierig – auch weil sich Menschen Homogenität gewohnt seien. Danach würden sich die Kinder neu begegnen und die Vielfalt als normal anschauen.

Das bestätigt auch Tina. Sie arbeitet als Volunteer im Camp und ist verantwortlich für die Teilnehmenden. Bei den letzten sechs Ausgaben war sie als Teilnehmerin mit dabei. «Am Anfang ist es immer etwas getrennt. Die Kinder und Jugendlichen ohne Beeinträchtigung sind normalerweise erst etwas vorsichtig.» Mit der Zeit würden sie einander aber helfen und zusammen Fussball spielen, ohne dass die Leiterinnen und Leiter sie dazu animieren würden. «Das ist immer sehr schön zu sehen.» Tina ist es wichtig, offen zu sein – gegenüber neuen Leuten und solchen, die nicht gleich sind wie man selbst.

«Alles ist okay»

Auch Cyril gefällt es, Zeit mit verschiedenen Menschen zu verbringen. «Es ist etwas anderes, wenn man nicht nur mit Leuten ohne Beeinträchtigung zusammen ist, sondern auch mit Leuten mit einer Beeinträchtigung.»

Emil gefällt der Ort, wo das Sommercamp seine Basis hat – zwischen Natur und Stadt. Und er habe den Wellnesstag gemocht, obwohl dies «in der Regel nichts für Jungs sei», wie er selbst sagt. Aber heute könnten Jungs das machen, was Mädchen machen können und umgekehrt. «Alles ist okay.»

veröffentlicht: 20. Juli 2023 05:44
aktualisiert: 20. Juli 2023 05:44
Quelle: BärnToday

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