Historisches Museum

Auf den Spuren kolonialer Vergangenheit

· Online seit 26.08.2022, 06:57 Uhr
Das Museum sucht bei den Objekten seiner Sammlung nach Anzeichen kolonialer Vergangenheit. Mehrere Objekte wurden mittlerweile als bedenklich eingestuft.
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Das historische Museum in Bern hat in einem Forschungsprojekt die Spuren der kolonialen Vergangenheit eines Teils seiner Sammlung durchleuchtet. Viele Objekte kamen auf abenteuerliche, aber legale Weise in den Besitz des Museums – aber nicht alle.

Ein Handwechsel mit 3 Objekten stuft das Museum als bedenklich ein, wie es in einer Mitteilung vom Mittwoch schreibt. Die Objekte stammen aus einem gewalttätigen Kontext.

Bei vier Handwechseln mit 469 Objekten gibt es Hinweise auf Unrecht, dieses lässt sich aber nicht zweifelsfrei belegen. Weitere vier Handwechsel mit 124 Objekten werden als rechtmässig, aber nicht unbedenklich gewertet. Bei fast der Hälfte der untersuchten Fälle war am Ende keine Bewertung möglich.

Untersucht haben die Forschenden Zugänge zum Historischen Museum aus dem Jahren 1900 bis 1940. Das Forschungsprojekt «Spuren kolonialer Provenienz» wurde vom Bundesamt für Kultur gefördert.

Internationales Netzwerk

Als Grundlage diente dem Forscherteam das Dokumentenarchiv, das vom ersten ethnografischen Sammlungskurator und späteren Vizedirektor des Bernischen Historischen Museums, Professor Rudolf Zeller (1869-1940), angelegt wurde.

Zeller leitete ab der Jahrhundertwende bis zu seinem Tod die Geschicke der ethnografischen Abteilung und unterhielt ein weit gefächertes internationales Netzwerk mit Museen, Sammlern und Händlern.

Missionare, Ingenieure, Grosswildjäger

Die Schweiz hatte selber nie Kolonien, Schweizerinnen und Schweizer bereisten jedoch europäische Kolonien weltweit und brachten einzelne Erinnerungsstücke oder gar umfangreiche eigene Sammlungen in die Heimat.

In den Kolonien unterwegs waren etwa Missionare, Ingenieure, Forschungsreisende, Grosswildjäger oder Philanthropen. Meistens sind Männer dokumentiert.

Während ein Museum heute im Normalfall weiss, woher und von wem ihm übertragene Objekte stammen, war dies früher nicht immer so. Gerade bei Objekten aus kolonialem Kontext ist die Identität der indigenen Vorbesitzerschaft nur in Ausnahmefällen festgehalten worden.

Obwohl dabei auch Fragen ungeklärt blieben, gelang es dem Forscherteam am historischen Museum, eine Vielzahl an Biografien nachzuzeichnen, und historische Ereignisse, wie Forschungsexpeditionen oder auch gewaltbegleitete Vorkommnisse, zu erschliessen.

Dabei zeigte sich, dass nicht alles, was rechtmässig erworben wurde, auch unbedenklich ist. Das Museum hat die einzelnen Handwechsel daher in verschiedene Kategorien eingeteilt.

Hinaus in die Welt

Wichtig war für die Forschenden auch, aus dem eigenen Archiv hinauszutreten und neue Quellen miteinzubeziehen, wie das Museum weiter schreibt.

So hat das Projektteam sieben weitere Archive im In- und Ausland besucht sowie neue Kontakte zu Expertinnen und Experten geknüpft. Auch Kooperationen mit Partnerinnen und Partnern in den Herkunftsgebieten der Objekte erwiesen sich als entscheidend.

Zentral waren dabei in erster Linie neue Kontakte nach Namibia, wo auf einer Forschungsreise professionelle Beziehungen mit Vertretungen aus Wissenschaft, Politik, Kunst und Kultur aufgebaut und vertieft werden konnten. Es entstanden fruchtbare Diskussionen über den zukünftigen Umgang mit dem namibischen Kulturerbe im Bernischen Historischen Museum sowie das Potenzial für weitere Partnerprojekte.

«Das Bernische Historische Museum als Speicher von zahlreichen ethnografischen Objekten und Geschichte(n) kann eine geeignete Plattform bieten für Vermittlung und konstruktiven Austausch zu dieser aktuellen gesellschaftlichen Thematik», wird Direktor Thomas Pauli-Gabi in der Mitteilung zitiert.

(sda/pfl)

veröffentlicht: 26. August 2022 06:57
aktualisiert: 26. August 2022 06:57
Quelle: BärnToday

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