Der 4. Oktober markiert den Todestag des Franziskus von Assisi, Begründer des Franziskaner-Ordnens und Schutzpatron der Tierwelt. Anlässlich des 796. Todestages des tierliebenden Heiligen rief die katholische Bruder Klaus-Kirche in Bern dazu auf, am Sonntag ihre Tiere in den Gottesdienst mitzunehmen, um sie im Anschluss auf dem Vorplatz der Kirche segnen zu lassen.
Die Gläubigen folgten dem Aufruf: Heiliggesprochen wurden nicht nur Hunde und Katzen, sondern auch Lamas und Esel. Kurz: «Alle Tiere, die mir nicht den Finger abbeissen wollten», gibt Pfarrer Nicolas Betticher augenzwinkernd bekannt. «Und natürlich auch die wichtigsten Begleiter unserer Kleinen: ihre Plüschtiere!»
Insgesamt seien ungefähr 30 lebende Tiere gesegnet worden – darunter auch Haustiere von Anwohnerinnen und Anwohnern aus dem Ostring-Quartier, die man normalerweise nicht in der Kirche anträfe. Als Segnung gilt das Lob Gottes und die Bitte um seinen Schutz. Gesegnet wird mit einem Gebet, Weihwasser und dem Kreuzzeichen, dass der Segnende in die Luft malt. «Wenn ich durfte, konnte ich die Tiere anschliessend noch streicheln», erzählt Pfarrer Betticher.
Mehr Kirchengänger dank Pandemie
Tiersegnungen hatte die Bruder Klaus-Pfarrei noch nie zuvor durchgeführt. Die Idee dazu sei unter anderem aufgrund der Corona-Pandemie entstanden, erzählt Nicolas Betticher. «Trotz der Angst und Unsicherheiten, die während der Pandemie selbstverständlich allgegenwärtig waren, zeigte sich, dass viele Menschen den spirituellen Rückhalt in der Kirche suchten. So zum Beispiel beim Anzünden von Kerzen. Dies bewog uns dazu, noch weitere Rituale und Andachten in unserer Pfarrei zu ermöglichen und dem Verlangen nach solchem nachzukommen.» Tiere könnten in schlechten Zeiten Halt schenken und eine Begleitung auf dem Lebensweg sein. «Daher schliessen wir sie gerne in unsere Gebete ein.»
Tiersegen in Bruder Klaus (2. Oktober 2022):
— Pfarrei Bruder Klaus-Bern (@BruderKlausBern) October 3, 2022
Ein Erlebnis für Gross und Klein
Weitere Eindrücke gibt es auf unserer Webseite:https://t.co/E6zeuXGapr pic.twitter.com/ddTkTwoHKl
Stabile Mitgliederzahlen
Tiersegnungen seien im Katholizismus nicht neu, erzählt Georg O. Schmid, Leiter der evangelischen Informationsstelle Kirchen – Sekten – Religionen Relinfo. «Tiersegnungen werden schweizweit praktiziert. Das Angebot richtet sich an alle, die es toll finden, gesegnete Haustiere zu haben.» Dass die katholische Kirche solche Angebote macht, um Kirchenaustritte zu verhindern, glaubt er nicht. «Die Mitgliederzahlen der katholischen Kirche waren in den letzten Jahren stabil. Auch wenn es viele Austritte der Schweizer Bevölkerung gibt, machen Migrantinnen und Migranten den Mitgliederschwund wieder wett.» Im Vordergrund der Tiersegnungen stehe klar das Angebot an die katholische Gemeinschaft.
Mit diesem Anlass will die katholische Kirche den spirituellen Sehnsüchten der Menschen entgegentreten. Momentan seien Tiersegnungen mehr in ländlichen Gebieten üblich, so Pfarrer Betticher. «Es ist jedoch sehr interessant zu sehen, dass die Tiersegnung hier in einer städtischen Pfarrei so gut ankam. Daher werden wir dies im nächsten Jahr sehr gerne wiederholen!»