Energieversorgung

BKW macht keinen Gebrauch vom Rettungsschirm

06.09.2022, 15:56 Uhr
· Online seit 06.09.2022, 11:49 Uhr
Die BKW wird keine Staatshilfe in Anspruch nehmen müssen. Sie hält den Rettungsschirm des Bundesrats nicht für das richtige Mittel. Der Verzicht hat auch damit zu tun, dass das Geschäft der BKW ganz anders aufgebaut ist als etwa das der Axpo oder von Alpiq.
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Die BKW sieht den Rettungsschirm vom Bundesrat für systemrelevante Energieunternehmen nach wie vor kritisch. Die Position des Berner Konzerns habe sich nicht geändert, sagte Finanzchef Ronald Trächsel am Dienstag an einer Medienkonferenz. «Wir halten den Rettungsschirm nicht für das richtige Mittel.»

Wenn ein Unternehmen unterstützt werden müsse, sei man nicht dagegen, sagte er weiter. Man sollte aber nicht andere mit in Haft nehmen.

Die BKW selbst wird laut Trächsel keine Staatshilfe in Anspruch nehmen müssen. Per Ende Juni 2022 lag die Liquidität der Gesellschaft bei fast einer Milliarde Franken. Angesichts der Verwerfungen an den Energiemärkten seien die Risiken im Handelsgeschäft zurückgefahren worden, sagte Trächsel. «Wir passen unser Verhalten dem Risiko an.»

Am Montag hatte der Bundesrat den geplanten Rettungsschirm aufgrund des Antrages der Axpo aktiviert. Der Axpo wurde eine nachrangige Kreditlinie von bis zu vier Milliarden Franken zugesichert. Bisher hat der Stromkonzern den Kreditrahmen noch nicht aktiviert.

Mit dem Rettungsschirm soll verhindert werden, dass systemrelevante Schweizer Energieversorger wegen der Turbulenzen an den Energiemärkten in Liquiditätsprobleme geraten. Stromproduzenten müssen an den Energiebörsen höhere Sicherheiten hinterlegen, wenn die Preise steigen. Die Grosshandelspreise für Strom haben sich innert Jahresfrist verzehnfacht, und die Preisschwankungen haben in den vergangenen Tagen neue Rekorde erreicht.

Berner Regierung lobt BKW als «zuverlässige Stütze für Kanton Bern»

In einer am Dienstag veröffentlichten Mitteilung schreibt die Berner Regierung, sie sei erfreut, dass die BKW die einheimische Produktion von erneuerbaren Energien stark ausbauen wolle und lobt den bernischen Energie- und Infrastrukturkonzern als «zuverlässige Stütze für den Kanton Bern». Vom Umstand, dass dieses Unternehmen die Tarife für Energie und Netznutzung in der Grundversorgung unverändert lasse, profitiere «ein Grossteil der Bevölkerung im Kanton Bern».

Die Berner Regierung steht laut der Mitteilung mit Sozialpartnern und Energieversorgern im Kontakt, um die Situation bei den Marktkunden zu prüfen. Das sind beispielsweise Unternehmen, welche einen Jahresverbrauch von über 100'000 Kilowattstunden aufweisen und im kommenden Jahr mit einem starken Preisanstieg rechnen müssen.

Der Kanton Bern ist im Besitz von 52,54 Prozent der BKW-Aktien und deshalb grösster Aktionär.

Die Berner Regierung ruft in der Mitteilung die Bevölkerung dazu auf, ihren Energiekonsum zu überdenken und «mit einfach umsetzbaren Massnahmen einen Beitrag an die Versorgungssicherheit zu leisten». Der Kanton Bern, die BKW und weitere Akteure verpflichteten sich dazu, eigene Energiesparmassnahmen umzusetzen.

Die BKW bestätigte derweil auch die Prognose für das Gesamtjahr und rechnet weiterhin mit einem deutlich höheren Betriebsergebnis als 2021. Die politische und wirtschaftliche Entwicklung in der zweiten Jahreshälfte des laufenden Jahres sei aber mit grosser Unsicherheit behaftet, hiess es.

Weniger abhängig

Die Berner sind aber von den Entwicklungen an den europäischen Energiemärkten weniger stark abhängig – im Vergleich zu Axpo oder Alpiq als Stromproduzenten ohne Endkundengeschäft in der Schweiz. Die BKW ist breiter aufgestellt, und das Handelsgeschäft an sich ist kleiner. Gleichzeitig seien angesichts der Verwerfungen auch die Risiken im Handelsgeschäft zurückgefahren worden, sagte Finanzchef Ronald Trächsel an einer Medienkonferenz.

Als reiner Stromproduzent sei man «gezwungen, short zu gehen», kommentierte er das Geschäft anderer Mitbewerber. Das heisst: In der Branche ist es üblich, einen grossen Anteil der Stromproduktion für die kommenden drei Jahre bereits im Voraus zu verkaufen. Damit werden die Einnahmen gesichert.

Dafür birgt die Absicherung aber auch das Risiko, bei einem Ausfall eines Kraftwerks weniger Strom zur Verfügung zu haben als geplant und dann Ersatzstrom am Markt beschaffen zu müssen. Bei hohen Preisen – wie aktuell der Fall – kann das sehr teuer werden.

Die BKW habe jedoch auch Endkunden, was ihr mehr Flexibilität verschaffe, sagte Trächsel weiter. Konkret heisst das, die BKW muss weniger des produzierten Stroms im Voraus am Markt verkaufen. Die Haushalte, welche versorgt werden, müssen schliesslich auch bedient werden.

Gleichzeitig ist die BKW auch bei der Versorgung der Endkunden in ihrem Netzgebiet nicht so starken Marktrisiken ausgesetzt, weil sie den Konsum mit Strom aus den eigenen Kraftwerken komplett abdecken kann. Das zeigt sich auch an den Stromtarifen für das kommende Jahr.

Während es bei anderen Schweizer Stromversorgern im nächsten Jahr zu massiven Erhöhungen kommt, steigen die Preise bei der BKW lediglich leicht an. Und das liegt allein an den höheren Kosten für die Nutzung des Übertragungsnetzes, welche die BKW an die Kunden weiterreicht. Die Kosten für die Stromproduktion bleiben derweil stabil.

(SDA/sst)

veröffentlicht: 6. September 2022 11:49
aktualisiert: 6. September 2022 15:56
Quelle: sda

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