Bern

Die Kesb in Biel greift doppelt so häufig ein wie in Bern

Markanter Unterschied

Die Kesb in Biel greift doppelt so häufig ein wie in Bern

· Online seit 17.10.2022, 07:22 Uhr
Die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörden greifen je nach Region in der Schweiz unterschiedlich oft ein. Allein im Kanton Bern gibt es grosse Differenzen, was die Zahl der Eingriffe der Behörde betrifft.
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Die Kinder- und Erwachsenenschutzbehörde (Kesb) ist zuständig, wenn beispielsweise das Wohl eines Kindes beeinträchtigt ist. Nun schreiben die «Berner Zeitung» und «der Bund», es gäbe unter anderem markante Unterschiede zwischen den Zahlen von fremdplatzierten Kindern in Biel im Vergleich zu jenen in Bern: Gleich zweimal so oft muss die Kesb in der bilingualen Stadt eingreifen wie in der Hauptstadt.

Die Behörden würden aber nicht unterschiedlich handeln, sondern hielten sich an dieselben Grundsätze. «Wir haben keine Anzeichen für Unterschiede in der Praxis», sagt Adrian Brand, Vorsitzender der Geschäftsleitung der Kesb im Kanton Bern, gegenüber den Tamedia-Zeitungen. Zwischen den Standorten gäbe es einen engen Austausch und sie würden sich an einheitliche Vorlagen, Merkblätter und Checklisten halten.

Struktureller Unterschied zwischen den Städten

Sozioökonomische Faktoren könnten laut Claudio Domenig, Professor und Dozent an der Berner Fachhochschule, einen grossen Einfluss auf die unterschiedlichen Zahlen haben. In Biel ist die Sozialhilfequote mit 10,5 Prozent mehr als doppelt so hoch wie in der Stadt Bern. Auch die Arbeitslosenquote ist in Biel mit 3,3 Prozent höher als in der Hauptstadt.

Viele Arbeitsplätze in der Industrie, die früher vielen Niedrigqualifizierten ein Auskommen ermöglicht hatten, seien verschwunden. Gleichzeitig ist der Dienstleistungssektor in Biel weniger stark gewachsen als in anderen Städten, was Gründe für die strukturellen Unterschiede sein könnten.

Armut ist ein Faktor

«Es ist erwiesen, dass Armut einen Risikofaktor für Kindeswohlgefährdungen darstellt», sagt Claudio Domenig. Er weist aber auch darauf hin, dass Kriterien wie Nationalität, Aufenthaltsstatus oder Sozialhilfeabhängigkeit keine pauschalen Richtlinien dafür seien, wie gut oder schlecht sich Eltern um ihre Kinder kümmern. Gefährdungssituationen könne man nie nur auf einen Faktor zurückführen.

Es brauche eine bessere Prävention, sagt der Professor. «Insbesondere im frühkindlichen Bereich, also in der Zeitspanne von Geburt bis Kindergarten, gibt es noch zu wenig Angebote.»

(fho)

veröffentlicht: 17. Oktober 2022 07:22
aktualisiert: 17. Oktober 2022 07:22
Quelle: BärnToday

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