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Kanton Bern

Apple-Kopfhörer auf Kantonskosten: Der Spesenskandal des Berner Regierungsrats geht weiter

Auf Staatskosten

Apple-Kopfhörer für 44.90 Franken: Weitere «Spesen» von Berner Regierungsrat aufgedeckt

05.02.2024, 13:05 Uhr
· Online seit 05.02.2024, 09:33 Uhr
Die Spesenaffäre des Berner Regierungsrats geht in eine neue Runde: Medienberichten zufolge liess sich Regierungsrat Philippe Müller (FDP) weitere Kleinstbeträge auf Staatskosten abrechnen. Der Kanton Bern bezeichnet diese als «Fehlbuchungen».
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Die «Kassensturz»-Recherche von Mitte Januar sorgte für einen Aufschrei: Die SRF-Sendung zeigte auf, dass einige Berner Regierungsräte Kleinstbeträge wie Brötli oder Bananen als Spesen abrechneten. Insbesondere die Namen von Sicherheitsdirektor Philippe Müller (FDP), Gesundheitsdirektor Pierre Alain Schnegg (SVP) und Wirtschaftsdirektor Christoph Ammann (SP) wurden dabei genannt.

Müller wehrte sich auf der Plattform X und schrieb, dass die Kassensturz-Recherche ein «falsches Bild» zeigen würde. Die fraglichen Ausgaben – zwei Brezel und eine Banane – stammten aus den Jahren 2018 und 2019. Seither habe er keine Kleinstspesen mehr abgerechnet. Sowieso habe er diese Beträge nie selbst abgerechnet.

Dasselbe habe Müller seinen 4700 Mitarbeitenden letzte Woche per Mail versichert sowie an einer Versammlung der Stadtberner FDP kundgegeben.

Neue Recherchen von «Berner Zeitung» und «Bund» zeigen jedoch: Brötli und Brezel waren nicht die letzten fragwürdigen Spesen von Müller. Demnach landeten zwei Paar Apple-Kopfhörer im Wert von je 44.90 Franken 2020 ebenfalls auf der Spesenabrechnung des Berner Regierungsrats. Auch Mittagessen mit Parteikollegen oder Mitarbeitenden zahlte letztendlich der Kanton.

10-Rappen-Plastiksäckli als Repräsentationsspesen abgerechnet

Berner Regierungsratsmitglieder erhalten eine jährliche Spesenpauschale von 8000 Franken, welche kleinere Ausgaben des Alltags abdecken sollte. Verglichen mit anderen Kantonen ist das eher tief: Im Kanton Genf beispielsweise beträgt die jährliche Spesenpauschale 34'000 Franken – im Kanton Zürich gut 12'700 Franken. Das zeigte eine Umfrage von SRF. In anderen Kantonen hingegen können keine Klein- und Kleinstauslagen einzeln als Spesen angegeben werden.

Für Reisen, Übernachtungen und externe Verpflegungen könnten die Regierungsräte eine Einzelfallentschädigung geltend machen, berichten die Tamedia-Zeitungen. So habe Müller die beiden Brezel und die Banane abgerechnet.

Nebst der jährlichen Spesenpauschale von 8000 Franken hätten Regierungsmitglieder aber auch die Möglichkeit, Auslagen über den sogenannten Repräsentationskredit ihrer jeweiligen Direktionen abzurechnen, berichten die «Berner Zeitung» und «Der Bund». Bei diesen Belegen von Müller seien 2018 und 2019 diverse Kleinstausgaben – beispielsweise ein Tomaten-Mozzarella-Salat für 6.90 Franken oder auch ein Migros-Plastiksäckli für 10 Rappen – abgerechnet worden. Auch Mittagessen mit Kaderangestellten oder Parteikollegen seien bei Müller als Repräsentationsspesen abgerechnet worden.

In derselben Zeit hätten auch die Regierungsräte Pierre Alain Schnegg (SVP) und Wirtschaftsdirektor Christoph Ammann (SP) mehrere Mittagessen über die Repräsentationsspesen abgerechnet – laut «Bund» und «Berner Zeitung» allerdings ausschliesslich mit externen Personen. Die sieben bernischen Regierungsräte verdienen knapp 280'000 Franken pro Jahr.

So reagiert der Kanton Bern

Dass Ausgaben wie die Kopfhörer auf dem persönlichen Konto eines Regierungsmitglieds erscheinen, bezeichnet Reto Wüthrich, Regierungssprecher des Kantons Bern, gegenüber den Zeitungen als mögliche «Fehlbuchungen». Bei den Geräten handle es sich um einen «Teil der Arbeitsinfrastruktur», die wegen eines Defekts nach nur wenigen Monaten im Gebrauch habe ersetzt werden müssen. Von der zweijährigen Garantie wurde jedoch offenbar nicht Gebrauch gemacht.

Arbeitsessen mit externen Personen seien in einem Exekutivamt auf Kantonsebene üblich und gehörten zu den Auslagen, so Regierungssprecher Wüthrich gegenüber den Tamedia-Zeitungen. Aber: Es wäre aus Sicht der Kantonsverwaltung «wünschenswert», wenn die Abrechnung «solcher Auslagen» über alle Direktionen hinweg «einheitlich» erfolgen würde.

(lae)

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veröffentlicht: 5. Februar 2024 09:33
aktualisiert: 5. Februar 2024 13:05
Quelle: BärnToday

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