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Bergbauern setzen auf Hilfe von Aussen: «Freiwillige werden Teil der Familie»

Caritas Bergeinsatz

Bergbauern setzen auf Hilfe von Aussen: «Freiwillige werden Teil der Familie»

· Online seit 30.06.2023, 07:13 Uhr
Das Bauern-Leben ist nicht einfach. Umso schwieriger wird es am Berg, wenn das Gelände steil und die Arbeit noch härter ist. Durch ein Angebot der Caritas können Bergbauern-Familien in Notlagen auf Unterstützung von Freiwilligen zählen.
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Jährlich unterstützen rund 1000 freiwillige Helferinnen und Helfer einen Schweizer Bergbauernhof in Not oder in einer belastenden Situation. «Wir haben junge Bergbauernfamilien, aber auch alleinstehende Bergbauern und Bäuerinnen, die noch Hilfe brauchen», sagt Anna Kaufmann, Verantwortliche Marketing Caritas Schweiz. Die belastende Situation der Bauern könne ganz verschiedene Gründe haben: Es kann ein Unfall oder eine Krankheit sein, ein Bauprojekt oder einfach die hohe Arbeitsbelastung im Hochsommer. Wir haben mit einer solchen Familie, die in Hasliberg lebt, gesprochen.

Familie in Hasliberg zählt seit Jahren auf tatkräftige Unterstützung

Im Fall von Dora Wilhelm und ihrer Familie lag es an der Krankheit des Mannes, dass man zum ersten Mal auf freiwillige Helferinnen und Helfer zurückgegriffen hat. In den Jahren darauf hatte sich Dora Wilhelm das Handgelenk gebrochen und musste sich am Knie operieren lassen – auch da halfen Freiwillige auf dem Hof mit. Insgesamt zählt die Familie in Hasliberg seit rund sieben Jahren auf die Hilfe durch Caritas Bergeinsätze.

Auch dieses Jahr gibt es auf dem Biohof mit Aufzuchtrindern der Familie Wilhelm noch freie Plätze. «Wir haben sehr viel steiles Land haben und es fällt viel Handarbeit an. Die Kinder kommen langsam aber sicher aus er Schule raus und da können wir die Arbeiten nicht mehr selber bewältigen», erklärt Dora Wilhelm. Fixe Angestellte könne man sich finanziell nicht leisten. Früher hätten auch noch ihre Eltern und auch Zivildienstleistende auf dem Hof mitgeholfen.

Egal, ob jemand aus der Stadt oder vom Land kommt

Unterschätzt werden sollte die Arbeit bei den Bergbauern aber nicht. Denn: Es sind keine Ferien. «Manchmal haben die Leute nicht ganz begriffen, dass sie da sind, um zu arbeiten, aber solche Fälle kann ich in den sieben Jahren an einer Hand abzählen», sagt Dora Wilhelm.

Das Klischee der handwerklich «nutzlosen» Städter scheint sich bei den freiwilligen Helferinnen und Helfern nicht zu bestätigen. «Es spielt keine Rolle, ob jemand das Gymnasium gemacht hat oder aus der Stadt kommt», so Dora Wilhelm. Sie nennt Beispiele einer Tanzlehrerin oder einer Freiwilligen aus der Millionenstadt Berlin. «Was die Frau in der Zeit, als mein Knie kaputt war, geleistet hat, könnten sich noch einige ein Stück davon abschneiden.»

Durch Freiwilligenarbeit können Freundschaften entstehen

Mit der Freiwilligenarbeit hat die Familie in den vergangene Jahren also grossmehrheitlich gute Erfahrungen gemacht. Es sind sogar tiefe Freundschaften entstanden. Ein Luzerner sei nun schon im siebten Jahr auf dem Hof der Familie, erzählt Wilhelm. «Es ist als würde er zur Familie gehören», schwärmt die Bäuerin. Auch mit anderen Freiwilligen, etwa einem Holländer, der bereits drei Mal auf dem Hof geholfen hat, sei es ähnlich. Allgemein werden Freiwillige eng in die Familie integriert: «In der Zeit sind sie voll in das Familienleben eingebunden.»

Je nachdem, wie die Kinder mit den Helferinnen und Helfern auskommen, kann es sein, dass sie mehr Zeit mit ihnen verbringen, oder sich eher im Zimmer zurückziehen. Nebst den erledigten Arbeiten sieht Dora Wilhelm noch andere positive Auswirkungen: «Ich habe das Gefühl, dass meine Kinder offener geworden sind und gelernt haben, dass man sich auf andere Mitmenschen einlassen muss – mit ihren Stärken und Schwächen.»

Im Kanton Bern suchen aktuell noch rund 23 Betriebe freiwillige Helferinnen und Helfer. Die Familie von Hasliberg dürfte auch in Zukunft noch auf das Hilfsprojekt von Caritas zurückgreifen: «Ich denke, wir werden auch in Zukunft auf Caritas Hilfe angewiesen sind, auch weil die Kinder aus der Schule kommen und in die Lehre gehen und nicht mehr da sind.»

veröffentlicht: 30. Juni 2023 07:13
aktualisiert: 30. Juni 2023 07:13
Quelle: BärnToday

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