Französisch im Aufwind

Die Stadt Biel ist zweisprachiger denn je

· Online seit 17.03.2024, 12:32 Uhr
Trotz des bevorstehenden Kantonswechsels von Moutier und dem drohenden Verschwinden des Regionalfernsehsenders TeleBielingue ist das Französisch im Kanton Bern und insbesondere in Biel im Aufwind. Der Anteil der Französisch- und der Deutschsprechenden in der Stadt nähert sich dem Gleichstand an.
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In vielen Teilen der Schweiz gilt Biel/Bienne noch immer als eher deutschsprachig. Die Realität gibt aber ein anderes Bild ab.

Gemäss den neuesten Zahlen von Ende 2022 betrug der Anteil der Französischsprachigen 43,4 Prozent – mit deutlich steigender Tendenz. 2002 betrug der Anteil der Französischsprachigen noch 38,7 Prozent, im Jahr 2012 waren es 40,1 Prozent.

«Die Entwicklung geht eindeutig in Richtung eines Gleichgewichts zwischen den beiden wichtigsten Sprachgemeinschaften», erklärt Virginie Borel, Direktorin des Forums für die Zweisprachigkeit in Biel, der Nachrichtenagentur Keystone-SDA.

Der Wechsel des bernjurassischen Städtchens Moutier zum Kanton Jura im Jahr 2026 werde das Westschweizer Lager des Kantons Bern nicht schwächen, sondern könnte paradoxerweise die aktuelle Dynamik des Grand Chasseral, der neuen Identität des Berner Juras, gar verstärken, so Borel.

Indirekt könnte damit auch die Identität von Biel gestärkt werden, das noch mehr zum Gravitationszentrum dieser Region werden dürfte. «Der künftige Umzug des Berufsbildungszentrums Centre de Formation Professionelle Berne francophone (ceff) von Moutier nach Biel geht in diese Richtung», veranschaulicht Borel.

Wiederauflebendes Interesse

Der demografische Aufschwung in Biel nahm nach einem Tiefpunkt um das Jahr 2000, als die Bevölkerung auf rund 48'000 Einwohnende sank, eine erstaunliche Wendung. Nun nähert sich die Stadt der 57'000-Einwohner-Marke. Ein Aufschwung, der vor allem auf der Ankunft zahlreicher Neuankömmlinge insbesondere aus den Kantonen Waadt, Neuenburg und Jura beruht, erklärt der Bieler Vize-Stadtschreiber Julien Steiner.

«Biel hat in die Bausubstanz investiert und bietet zahlreiche Wohnungen zu relativ attraktiven Preisen an, zudem profitiert es von seiner zentralen Lage in der Schweiz. Die gesunde Uhren- und Maschinenbauindustrie zieht zudem viele Französischsprachige an», erklärt Steiner.

Tatsächlich führte Biel 2016 eine Kampagne zugunsten der Französischsprachigen und der Zweisprachigkeit durch. Dies, nachdem das letzte Barometer der Zweisprachigkeit ein gewisses Unbehagen und die Schwierigkeiten der Romands, ihren Platz im wirtschaftlichen und lokalen Leben zu finden, aufgezeigt hatte.

Die Kampagne führte zu zählbaren Ergebnissen: Zwischen 2013 und 2023 stieg der Anteil der französischsprachigen Angestellten in der Stadtverwaltung von 35 auf 40 Prozent. Insbesondere die Zahl der französischsprachigen Führungskräfte nahm zu, so Steiner. Das Ziel, bis Ende 2024 einen Anteil von 45 Prozent französischsprachiger Führungskräfte zu erreichen, werde zwar nicht erreicht werden, «aber wir nähern ihm uns langsam an», so Steiner.

Eine zerbrechliche Blume

«Die Zweisprachigkeit ist eine zerbrechliche Blume, die ständig gepflegt werden muss», sagt Borel. Das Gleichgewicht sei heikel. Das «welsche Biel» profitiere von einer wachsenden Beliebtheit in der Westschweiz, aber auch vom Beitrag eines Teils der ausländischen Bevölkerung, die 33,1 Prozent der Einwohnenden ausmacht.

Während Personen aus Asien, den Balkanländern oder der Türkei dazu neigen, sich als «deutschsprachig» bei den Behörden einzutragen, geben solche aus Afrika am häufigsten Französisch als Amtssprache an. Die Zahl der Einwohner afrikanischer Herkunft hat sich zwischen 1990 und heute verzehnfacht. Hinzu kommt der Zustrom französischer Arbeitnehmender in die Region.

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«Mit mehr als 150 Nationalitäten ist die Stadt Biel eher mehrsprachig als zweisprachig. 43 Prozent der Bevölkerung sind offiziell französischsprachig, aber das bedeutet nicht, dass der Anteil der Personen, die gut Französisch sprechen, ebenso hoch ist. Dasselbe gilt für die Deutschsprachigen», sagt Borel.

Die Zweisprachigkeit in Biel ist laut Borel stark und wird von einem festen Glauben genährt: der Ablehnung des Englischen und des Hochdeutschen als Kommunikationssprache. «Bei uns werden Schweizerdeutsch und Französisch gepflegt», betont Borel.

Schliesslich weist Borel auch darauf hin, dass die Bieler Stadtregierung bei den nächsten Wahlen erstmals seit 60 Jahren in französischsprachige Hände übergehen könnte.

(sda)

veröffentlicht: 17. März 2024 12:32
aktualisiert: 17. März 2024 12:32
Quelle: BärnToday

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