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Betrüger? Ehemaliger Hausarzt von Boltigen soll in Polen Hunderte abgezockt haben

Betrüger?

Ehemaliger Hausarzt von Boltigen soll in Polen Hunderte abgezockt haben

· Online seit 01.05.2024, 13:41 Uhr
Mohammed al Saad hat im letzten Herbst Schlagzeilen gemacht: Der Kanton Bern entzog dem Hausarzt von Boltigen die Bewilligung. Vor seiner Zeit in der Schweiz soll er eine gross angelegte Betrugsmaschinerie in Polen betrieben haben.
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Wie Recherchen von «20 Minuten» zeigen, habe Mohamed Al Saad vor seiner Zeit in der Schweiz in Polen gewirkt, der Heimat seiner Ehefrau – allerdings nicht im Guten.

Aber der Reihe nach: Al Saad war zunächst in einer Gruppenpraxis in Brienz tätig. Letzten Herbst übernahm er die Hausarztpraxis in Boltigen im Simmental, der die Schliessung drohte, nachdem der bisherige Hausarzt in Pension gegangen war. Der 41-jährige aus Saudi-Arabien wurde im Simmental mit offenen Armen und einem Darlehen empfangen – die Region hoffte, dass die medizinische Grundversorgung gesichert sei.

Kanton Bern entzog Bewilligung

Doch im November folgte der Nackenschlag: Der Kanton Bern entzog dem Hausarzt die Bewilligung zum Führen einer eigenen Praxis. Das Dorf und das Tal waren konsterniert.

Quelle: BärnToday / Mirjam Klaus / Warner Nattiel

Wenn jedoch stimmt, was die Recherchen von «20 Minuten» zeigen, dann hat Boltigen Glück gehabt, dass man den Mann los ist. Denn Al Saad soll in Polen ein grosses Business aufgezogen haben, mit dem er Leute um ihr Geld brachte.

Ärzte und Lehrerinnen über den Tisch gezogen

Zusammen mit seiner aus Polen stammenden Ehefrau soll sich Al Saad in Polen das Vertrauen renommierter Ärzte erschlichen haben, um angehende Medizin-Studierende aus dem arabischen Raum nach Polen zu bringen, damit sie dort studieren können. Al Saad habe ihn aber über den Tisch gezogen. «Er ist sehr gut darin, sich das Vertrauen von anderen Menschen zu erschleichen, was er dann schamlos ausnutzt», sagt der Arzt. Al Saad schulde ihm über 50'000 Euro. Vor Gericht habe er nur einen Teil seines Geldes zurückerhalten.

Das Ehepaar gründete darüber hinaus mehrere Firmen, darunter eine Sprachschule. Lehrpersonen wurden aber nur teilweise oder gar nicht bezahlt. Die ILSP, die «International Language School of Poland», schuldet vielen Leuten noch tausende Franken.

Schülerinnen aus armen Ländern

Aber nicht nur Lehrkräfte wurden ausgenommen, auch angehende Schülerinnen und Schüler. Sie mussten eine Anzahlung leisten, wenn sie in Polen studieren wollten. Die Schule sicherte zu, die Summe zurückzuerstatten, wenn das Visum für Polen nicht genehmigt wurde. Das kam häufiger vor - das Geld floss aber nicht zurück. Mehrere Schülerinnen und Schüler, zum Beispiel aus Nigeria, sollen so enorm viel Geld verloren haben - verwerflich auch deshalb, weil diese Leute nicht auf Rosen gebettet sind.

Die Justiz in Polen ist gegen Al Saad aktiv geworden, verurteilt wurde er jedoch nicht. Es sei ihm gelungen, Zahlungen zu verschleiern. Und zu einem Strafprozess sei er einfach nicht erschienen, sagen Geschädigte zu «20 Minuten».

Strafverfahren in der Schweiz

In der Schweiz läuft mittlerweile ein Strafverfahren gegen Mohammed Al Saad, wie «20 Minuten» weiter berichtet, wegen Urkundenfälschung, Erschleichen einer falschen Beurkundung und Übertretung gegen das Medizinalberufegesetzes. Unter anderem hatte das Bundesamt für Gesundheit BAG Anzeige erstattet. Al Saad befindet sich auf freiem Fuss.

Der Mediziner bezeichnete sich als Internist, Kardiologe und pädiatrischer Neurochirurg. Ob er diese Titel zu Recht trägt - ja ob er überhaupt praktizieren darf, dürfte die Untersuchung zeigen. Bis zum Beweis des Gegenteils, gilt Al Saad als unschuldig.

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veröffentlicht: 1. Mai 2024 13:41
aktualisiert: 1. Mai 2024 13:41
Quelle: BärnToday

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