Männer im Kindergarten

«Es ist ein Traumberuf»

09.02.2023, 10:58 Uhr
· Online seit 09.02.2023, 05:40 Uhr
Im Kindergarten und in den ersten Schuljahren haben die allerwenigsten Kinder einen Lehrer, sondern eher eine Lehrerin. Ein Erstklass- und ein Kindergartenlehrer erzählen aus ihren Erfahrungen im Beruf.
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Lehrer sind seit Jahrzehnten eine grosse Ausnahme auf den Primarstufen eins und zwei. So zeigt eine Statistik des Bundesamts für Statistik (BFS), dass 2021 über 90 Prozent der Lehrpersonen auf dieser Stufe Lehrerinnen waren.

Wenige Wochen alt ist auch eine Studie der Universität Zürich, die zum Schluss kommt, dass Männer Berufe verlassen, die von mehr Frauen neu aufgenommen werden. Dies liege vor allem an den stereotypischen Vorstellungen, die Männer teilweise hätten: «Je mehr Frauen neu in den Beruf reingehen, umso mehr Männer haben das Gefühl, dass sie Tätigkeiten machen, für die sie eigentlich nicht geeignet sind», erklärte Soziologie-Professor und Studienleiter Per Block auf Anfrage.

Positive Rückmeldungen

Selim Kedri ist Lehrer einer ersten Klasse in der Stadt Bern. In seinem Schulhaus gebe es neben ihm nur noch einen anderen Lehrer. Für ihn habe das aber vor allem positive Auswirkungen: «Oft sagen mir Leute, es sei cool, auch einen Mann auf dieser Stufe zu haben.» Er vermutet auch historische Gründe hinter der Untervertretung der Männer in den ersten Schuljahren: «Früher hat man vielleicht Frauen eher eine Mütterlichkeit zugesprochen, weshalb man sie vor allem für den Kindergarten für besser geeignet gehalten hat.»

Dass Männer das Gefühl haben könnten, nicht für den Beruf geeignet zu sein, wie dies Block im Zusammenhang mit dem Studienresultat erklärte, kann er verstehen, aus einem persönlichen Standpunkt aus aber nicht nachvollziehen. Er würde seinen Job auf alle Fälle auch Männern nahelegen: «Wenn jemand Lust darauf hat, dann unbedingt. Ich kann mir nicht vorstellen, warum nicht.»

Empfehlung für alle

Gregor Burgunder ist seit 21 Jahren Kindergärtner in der Stadt Bern. «Ich nehme es so wahr, dass Männer im Kindergarten bis zur zweiten Klasse sehr rar sind.» Warum es auf dieser Stufe nur wenige Männer gebe, sei eine schwierige Frage: «Es gibt verschiedene Faktoren.» Beispielsweise sei der tiefe Lohn immer ein Thema, weil vielleicht viele Männer immer noch das Gefühl hätten, sie müssten mehr verdienen.

Er selbst sei früh ins Berner Galgenfeld gekommen, in eine kinderreiche Siedlung. Er sei damals 16 Jahre alt gewesen und die anderen Kinder eher zwischen fünf und acht Jahre alt. Schon damals habe er Lust gehabt, mit den Kindern Abende zu gestalten und diese zu hüten. «Ich hatte immer sehr Freude, mit jüngeren Menschen zu arbeiten, die motiviert sind.» Er empfehle den Beruf auch allen anderen.

Im Vergleich mit älteren Kindern müsse man sich im Kindergarten auch nicht mit vielen Lehrmitteln rumschlagen. «Der Kindergarten ist spielerisch, ein Erlebnis und nicht immer auf Leistung aus.» Er freue sich, jeden Morgen aufzustehen: «Es ist ein Traumberuf.»

(pfl)

veröffentlicht: 9. Februar 2023 05:40
aktualisiert: 9. Februar 2023 10:58
Quelle: BärnToday

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