Gretzenbacher Velohersteller

«Es musste so kommen» – düstere Prognose für Schweizer E-Bikes

18.09.2023, 10:28 Uhr
· Online seit 16.09.2023, 11:52 Uhr
Diese Woche kündete Flyer in Huttwil eine Massentlassung an. 80 Angestellte müssen um ihre Stelle zittern. Dass der Boom der E-Bikes langsam abflacht, spüren auch die kleinen Velohersteller. Ein Veloproduzent aus Gretzenbach prognostiziert eine düstere Zukunft.
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Das Geschäft mit den E-Bikes habe für die Aarios AG lange rentiert. Vor gut sieben Jahren ist die Firma in den E-Bike-Markt eingestiegen. «Wir haben gut verkauft. Sogar über unseren Erwartungen», sagt Arnold Ramel auf Anfrage. Er ist der ehemalige Geschäftsführer der kleinen Firma im Gretzenbacher Schachen. Mittlerweile führen seine Kinder das Unternehmen, Arnold Ramel ist weiterhin Präsident des Verwaltungsrats.

In der Werkstatt wurden noch bis vor einem Jahr Velos mit Motoren ausgerüstet – alles Swiss Made. Denn nebst den selbst hergestellten Velorahmen aus der hauseigenen Werkstatt stammten auch die Motoren aus der Schweiz. Diese bezog Aarios nämlich von der Maxon Motor AG im Kanton Obwalden.

Markt wird immer grösser

Doch im letzten Jahr habe die Maxon Motor AG die Produktion des benötigten Motors für die E-Bikes eingestellt. Dies weil es einzelne, spezielle Bestandteile des Motors nicht mehr gibt. Maxon stelle nun einen anderen Motor her. Den könne man aber in der Aarios AG nicht in die Velos verbauen. Die Folge: Die Aarios AG kann ihrer Kundschaft momentan keine E-Bikes anbieten.

Einschränkungen in der Produktion erlebt auch Flyer in Huttwil. Diese Woche wurde bekannt, dass der Oberaargauer E-Bike-Hersteller wahrscheinlich bis zu 80 Angestellte entlassen muss. Das erstaunt Arnold Ramel kaum. «Es musste so kommen», sagt er. Der E-Bike-Markt werde immer grösser und es werde laufend mehr produziert – vor allem in China. Ramel führt aus: «Es lohnt sich kaum noch, ein Produkt in der Schweiz herzustellen, das du im Ausland billiger bekommst. Und wenn, dann muss das Produkt besser sein.» Und das sei eben schwierig.

«Die Leute geben kein Geld mehr aus»

Veränderung gibt es aber auch bei der Kundschaft. Ramel beobachtet, dass während der Pandemie zwar nicht mehr Fahrräder gekauft wurden – dafür wurde qualitätsbewusster «gänggelet». Arnold Ramel führt aus: «Die Leute waren bereit, mehr für ein E-Bike oder ein gewöhnliches Fahrrad auf die Theke zu legen – besonders in der Hochzeit der Pandemie.»

Nun seien die Zeiten aber anders, die Inflation greift um sich, die Lebenshaltungskosten steigen in allen Bereichen. Kurzum: «Die Leute geben kein Geld mehr aus – oder zumindest nicht mehr so viel», sagt Ramel. Und so bekämen eben wieder die billiger hergestellten E-Bikes aus dem Ausland Oberwasser.

Düstere Prognose für Standort Schweiz

In der Aarios AG spüre man die Auswirkungen der sinkenden Nachfrage – egal, ob E-Bike oder Fahrrad. «Ja, dieses Jahr läuft schlechter als die beiden letzten Jahre. Doch so drastisch, dass wir nicht überleben könnten, ist es nicht», sagt der Alt-Patron. Das Kerngeschäft der Aarios AG sei schliesslich das gewöhnliche Fahrrad.

Für den E-Bike-Markt hat Arnold Ramel trotzdem eine düstere Prognose: «Ich glaube, die E-Bikes werden in ferner Zukunft nur noch in China hergestellt.»

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veröffentlicht: 16. September 2023 11:52
aktualisiert: 18. September 2023 10:28
Quelle: 32Today

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