«Teufelsrennen» in Mürren

Länger als die Lauberhorn-Abfahrt – tausende Skibegeisterte stürzen sich ins «Inferno»

24.01.2024, 14:39 Uhr
· Online seit 24.01.2024, 14:24 Uhr
Rund zwei Wochen nach den Weltcup-Rennen am Lauberhorn findet im Lauterbrunnental die nächste grosse Skiparty statt. Bei der Inferno-Abfahrt in Mürren sind jeweils über tausend Skifahrerinnen und Skifahrer am Start. Das Amateur-Rennen, das bereits zum 80. Mal ausgetragen wird, ist nochmals deutlich länger als die Strecke der Profis in Wengen.
Anzeige

«Gute Skifahrer benötigen rund 20 Minuten für diese Abfahrt», steht auf der Webseite des Inferno-Rennens. Hier wird deutlich: Mit einer Abfahrt, wie wir sie von den Top-Athleten im Weltcup kennen, hat dieses Rennen wenig zu tun. Die Abfahrtsstrecke vom Schilthorn bis nach Lauterbrunnen ist knapp 15 Kilometer lang – zum Vergleich: Die Lauberhornabfahrt, die im alpinen Skirennsport als die längste Abfahrt gilt, misst «nur» 4,4 Kilometer.

Besonders einzigartig: Beim Inferno geht es nicht nur bergab, sondern mit den oft langen Abfahrtskiern müssen auch Aufstiege bewältigt werden. Zudem kommt es jeweils zu vielen Überholmanövern. Die Startliste gibt einen 12-Sekunden-Starttakt vor, was bei den tausenden Anmeldungen nötig ist, um das Rennen innerhalb eines Tages durchzuführen. Das Rennen in Mürren ist unter Skifans auf der ganzen Welt Kult: Auf der Videoplattform YouTube findet man dutzende Videos.

Selbsteinschätzung der Fahrerinnen und Fahrer wichtig

Ganz ungefährlich klingt diese längste Abfahrt der Welt nicht. Trotzdem ereignen sich jeweils nicht viele Unfälle. Christoph Egger, OK-Präsident des Inferno-Skirennens, sagt: «Das Rennen ist nicht per se gefährlich, aber der Fahrer kann es gefährlich machen, wenn er oder sie unnötiges Risiko eingeht.» Es wird auf die Selbsteinschätzung der Fahrerinnen und Fahrer vertrauen. Die Teilnehmer in den Top-Kategorien absolvieren laut Egger Trainings, die Profi-Athleten aus dem regulären Ski-Sport in nichts nachstehen.

Ein grosses Risiko für eine Selbstüberschätzung der Fahrerinnen und Fahrer bestehe hauptsächlich im Mittelteil der Strecke – dort seien die Beine nicht mehr ganz fit, aber der Wille im Kopf noch gross, meint Egger. In diesem Abschnitt könne es passieren, dass die Ski-Fahrerinnen und -Fahrer ihre Fähigkeiten überschätzen. Unfälle gebe es jedes Jahr und das gehöre leider dazu, allerdings sei es in den letzten Jahren zu keinen «abnormalen Unfällen gekommen», führt Egger aus. Und fügt an: «Holz aalänge.»

Regen behindert Langlauf

Eine Besonderheit des Inferno-Rennens ist, dass der Wettkampf, wenn irgendwie möglich, stattfinden soll. «Egal, ob es nur eine kurze Abfahrt wäre – es findet immer eine statt», sagt Christoph Egger. Das bedeutet konkret: Bei jeder Ausgabe wird individuell entschieden, wie lange die Strecken sein wird: mal kürzer, mal länger.

Der Klimawandel hat somit direkten Einfluss auf die Strecke. Das Rennen startet auf 2790 Meter und das Ziel der Originalstrecke liegt auf 800 Metern über dem Meeresspiegel. «Die Wahrscheinlichkeit, dass wir starten können, ist dank der Höhe des Starts immer hoch und wird auch künftig nicht abnehmen. Was aber klar ist, dass wir seltener bis ganz nach Lauterbrunnen fahren können», sagt Egger. Dies sei in den vergangenen Jahren aber immer so gewesen: Durchschnittlich könne man nur alle 4 bis 5 Jahren eine Ausgabe bis ganz nach unten zum ursprünglichen Ziel durchführen. Dieses Jahr geht die Strecke ebenfalls nicht bis ins Tal, aber immerhin noch über Mürren hinaus bis zur Winteregg.

Obwohl das OK-Team mit der 80. Ausgabe längst eingespielt ist und weiss, was auf einen zukommt, sei jedes Jahr eine neue Herausforderung. Dieses Jahr macht der Regen zu schaffen. Der Langlauf vom Mittwoch, der wie der Riesenslalom der Inferno-Kombination ebenfalls zur Veranstaltung gehört, muss auf der Ersatzstrecke beim höher gelegenen Allmendhubel stattfinden.

Vorfreude auf die 100. Ausgabe?

Jedes Jahr können 1850 Startplätze vergeben werden – alleine dieses Jahr sind über 2100 Anmeldungen eingegangen. Die Warteliste ist jährlich gut gefüllt: An Interesse mangelt es nicht. Auch finanziell geht es dem Verein gut. Scheint so, als ob man in 20 Jahren auch die 100. Ausgabe feiern könnte? OK-Präsident Christoph Egger sagt: «Wie die meisten Anlässe sind wir natürlich auch nicht auf Rosen gebettet, aber es wäre falsch, über Finanzen zu jammern.» Auch der spezielle Charakter des Rennens, basierend auf Freiwilligkeit, passt nach wie vor. Daher hat Egger das Gefühl, dass das Inferno-Rennen auch langfristig bestehen kann. «Der Anlass müsse natürlich auch weiterhin attraktiv und zeitgemäss bleiben», sagt Egger.

Scan den QR-Code

Du willst keine News mehr verpassen? Hol dir die Today-App.

veröffentlicht: 24. Januar 2024 14:24
aktualisiert: 24. Januar 2024 14:39
Quelle: BärnToday

Anzeige
Anzeige
baerntoday@chmedia.ch