Immer mehr Fälle

Syphilis breitet sich aus – auch im Kanton Bern

· Online seit 18.07.2023, 05:44 Uhr
Die Fallzahlen von sexuell übertragbaren Krankheiten wie Syphilis steigen an. Im Kanton Bern wurden 2022 rund doppelt so viele an Syphilis erkrankte Personen erfasst, wie noch vor knapp zehn Jahren. Der Leiter Prävention von Aids-Hilfe Schweiz erklärt, warum ein positives Ergebnis zu Gonorrhoe, Chlamydien und Syphilis kein Weltuntergang ist und wer sich regelmässig testen sollte.
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BärnToday: Wie ist die Situation der Syphilis-Infektionen in Europa und der Schweiz?

Florian Vock, Leiter Prävention Aids-Hilfe Schweiz: Europaweit verzeichnen wir seit Anfang der frühen 2000er-Jahre rasant steigende Zahlen. Ein Teil der neuen Fälle entstand auch dadurch, dass sich mehr Leute testen lassen.

In der Schweiz haben wir seit circa eineinhalb bis zwei Jahren ein Plateau erreicht, also dass es nicht mehr deutlich mehr Fälle als in den Jahren zuvor gibt. Das ist auch ein Zeichen dafür, dass wir auf einem guten Weg sind. Aber die Fallzahlen sind insgesamt vergleichsweise sehr hoch.

Was genau ist Syphilis?

Syphilis ist sozusagen die «Grande Dame» der sexuell übertragbaren Krankheiten. Es gibt sie seit Hunderten von Jahren. Berühmte und auch weniger berühmte Menschen sind daran gestorben, von Königen bis Sexarbeiterinnen. Es ist ein Bakterium und heute gut behandelbar, man kann Medikamente nehmen und ist geheilt. Wenn man es nicht behandelt und lange nicht bemerkt, kann es auch heute noch zum Tod führen. Deswegen ist es sehr wichtig, dass man es in den Frühstadien testet, erkennt und behandelt. Das passiert in der Schweiz aber glücklicherweise in fast allen Fällen.

Wie entwickeln sich die Infektionszahlen bei anderen Geschlechtskrankheiten?

Insgesamt steigen die Zahlen bei sexuell übertragbaren Infektionen – mit Ausnahme von HIV. Bei Chlamydien, Gonorrhoe und Syphilis steigen die Zahlen. Viele dieser Infektionen sind asymptomatisch. Da man nichts merkt, weiss man also lange gar nicht, dass man es hat.

Die steigenden Fallzahlen sind auch ein Zeichen für uns, dass wir noch mehr Leute motivieren müssen, regelmässig testen zu gehen.

Was wird in der Schweiz präventiv gemacht?

Wir sind mit unserem Verband seit Jahren daran, im Bereich Syphilis präventiv mit Tests zu arbeiten. Wer mit wechselnden Partnern Sex hat, kann sich mit Syphilis, Gonorrhoe oder Chlamydien infizieren. Ein Kondom reduziert das Risiko, aber das sind Infektionen, die sich bei Haut-zu-Haut-Kontakt übertragen – auch bei Oralsex oder sogar beim Küssen.

Wer Sex hat, kann sich also infizieren. Das ist auch nicht weiter tragisch, weil man die drei Krankheiten behandeln und heilen kann. Wichtig ist: Wer wechselnde Sexualpartner hat, sollte auch regelmässig zu einem Test gehen. Das ist der wichtigste Präventionstipp, den wir geben.

Wie sieht die Behandlung dieser Krankheiten aus?

Man nimmt Antibiotika und kontrolliert einige Wochen später, ob es funktioniert hat. Dann ist man geheilt. Es ist total unspektakulär. Deswegen muss man auch keine Angst vor dem Test haben. Tausende Menschen in der Schweiz infizieren sich mit den drei sexuell übertragbaren Infektionen. Dann kann man es behandeln und gelassen weiterleben.

Wer muss besonders achtgeben und sich regelmässig testen lassen?

Nicht alle Menschen im Kanton Bern müssen Angst haben. Das Risiko für sexuell übertragbare Krankheiten hängt damit zusammen, wie viel Sex man hat und mit wie vielen Sexualpartnern man diesen Sex hat. Wer seit 30 Jahren in einer monogamen Beziehung lebt, hat ein sehr kleines Risiko. Wer aber verschiedene Partner hat, sollte sich ab und zu testen lassen. Wir empfehlen einen Test etwa einmal pro Jahr. Und Männer, die Sex mit Männern haben, Sexarbeiterinnen und Kunden von Sexarbeiterinnen sollten zweimal im Jahr zum Syphilis-Test.

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veröffentlicht: 18. Juli 2023 05:44
aktualisiert: 18. Juli 2023 05:44
Quelle: BärnToday

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