Alleine auf weiter Flur

Trotz Ogi-Einsatz – Kandersteg stimmt für eine 13. AHV-Rente

04.03.2024, 08:17 Uhr
· Online seit 04.03.2024, 07:51 Uhr
Die Schweiz stimmte am Sonntag für eine 13. AHV-Rente. In der Gemeinde Kandersteg war ebenfalls eine Mehrheit für das linke Anliegen – obwohl die Nachbargemeinden im Kandertal allesamt dagegen waren und sich mit Alt-Bundesrat Adolf Ogi der bekannteste Kandersteger ebenfalls für ein Nein eingesetzt hatte.
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Ausgerechnet Kandersteg, die Heimatgemeinde von Alt-Bundesrat Adolf Ogi und des amtierenden SVP Bundesrats Albert Rösti, stimmte am Sonntag für eine 13. AHV-Rente. Als einzige Gemeinde im Kandertal und obwohl sich mit Ogi die gewichtigste Persönlichkeit im Dorf mit anderen Alt-Bundesräten öffentlich gegen das linke Anliegen gewehrt hatte. Ein Affront gegen ihn?

Auf Anfrage von BärnToday will sich Ogi am Sonntag nicht mehr zur Vorlage äussern. Verständlicherweise. Im Nachgang seines Einsatzes gegen die Initiative hatte er sehr viel Kritik einstecken müssen. Teilweise erhielt er Reaktionen, die unter der Gürtellinie waren, wie er sagte.

Ogi ist und bleibt beliebt im Dorf

«In Kandersteg ist und bleibt Adolf Ogi sehr beliebt und seine Meinung wird geschätzt», sagt Gemeinderatspräsident René Mäder auf Anfrage. Das Ja in seiner Gemeinde sehe er überhaupt nicht als Votum gegen den Alt-Bundesrat. Im Gegenteil: Kandersteg werde halt einfach einmal mehr seinem Namen als Schweizer Mustergemeinde gerecht. «Mit ganz wenigen Ausnahmen stimmt Kandersteg immer genauso, wie die Gesamtschweiz», erklärt Mäder. Darauf sei er persönlich sehr stolz. Es zeige, dass Kandersteg eine politisch sehr gut durchmischte Gemeinde sei und mehrheitsfähige Meinungen vertrete.

Das gilt nun erneut bei der Abstimmung zur 13. AHV-Rente. Der Verwaltungskreis Frutigen-Niedersimmental insgesamt und Gemeinden in der Region, wie Adelboden, Frutigen, Reichenbach, Aeschi oder Kandergrund waren teilweise klar gegen die Vorlage der Linken. Kandersteg sagte knapp Ja mit 51,9 Prozent der Stimmen. «Es hätte dieses Mal auch auf die andere Seite kippen können. Die Vorlage wurde bei uns ebenfalls heiss diskutiert», so Mäder.

So hat deine Gemeinde abgestimmt:

Kaum religiöse Gemeinschaften und der Tourismus

Dass Kandersteg anders abstimmt als die Nachbarn, war deutlich ersichtlich bei der eidgenössischen Abstimmung über die «Ehe für alle». Als die Schweiz als 29. Land die gleichgeschlechtliche Ehe erlaubte, war Kandersteg ebenfalls klar dafür, während praktisch das ganze übrige Tal dagegen stimmte.

Laut René Mäder hatte Kandersteg schon immer eine differenziertere Meinung. Die Gemeinde sei mit dem Bau des Lötschbergtunnels früh ein Durchgangs- und Tourismusort geworden. «Das hat zu einer offenen und liberalen Haltung geführt», so Mäder. Zudem gebe es, anders als in anderen Gemeinden in der Region, weniger religiöse Gemeinschaften. Dies könne ebenfalls eine Rolle spielen beim Abstimmungsverhalten.

Historisches Abstimmungsresultat

Kandersteg war eine von vielen Schweizer Gemeinden, die sich für eine 13. AHV-Rente entschieden haben. Politologinnen und Politologen sprechen im Zusammenhang mit der Abstimmung von einer Zeitenwende. Erstmals überhaupt nimmt die Stimmbevölkerung eine Initiative zum Ausbau der AHV an, mit grosszügiger Hilfe von bürgerlichen Stimmen. Der Kanton Bern stimmte insgesamt ebenfalls für das Anliegen.

Ein klares Ja gab es in den Verwaltungskreisen Berner Jura, Biel/Bienne, Seeland, Bern-Mittelland und Thun. Ebenfalls knappe Zustimmung fand die linke Vorlage in den ländlich geprägten Verwaltungskreisen Interlaken-Oberhasli und Oberaargau.

Abgelehnt wurde die 13. AHV Rente im Obersimmental-Saanen, im Emmental und in Frutigen-Niedersimmental. Diese Verwaltungskreise folgten, wie praktisch immer, der Argumentation bürgerlicher Parteien. Neben Kandersteg sagten im letztgenannten Verwaltungskreis nur Krattigen, Spiez und Wimmis Ja zur 13. AHV-Rente.

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veröffentlicht: 4. März 2024 07:51
aktualisiert: 4. März 2024 08:17
Quelle: BärnToday

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