«Bärner Märit» hat Schwierigkeiten

Weniger Kunden und keine Nachfolger für abtretende Marktfahrer

· Online seit 01.04.2023, 10:01 Uhr
Seitdem der Bundesrat die Massnahmen von der Pandemie aufgehoben hat, ist beim Wochenmarkt in Bern wieder der Alltag eingekehrt. Doch laut Walter Stettler, Präsident des Vereins «Bärner Märit», erholt sich die Nachfrage der Kundschaft nur teilweise.
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In Bern bieten Marktfahrer zweimal in der Woche ihre Produkte an, jeweils am Dienstag- und am Samstagvormittag. Wegen der Pandemie musste der Wochenmarkt schliessen, seit der Wiedereröffnung ist die Nachfrage aber nur am Samstag wieder wie vorher. Auch die Zahl der Marktfahrer nimmt laut Stettler immer mehr ab, abtretende Marktfahrer finden keinen Nachwuchs, der den Betrieb übernehmen will. «Das ist ein grosses Problem.» So verliere der Wochenmarkt an Grösse und Kundschaft.

Konkurrenz sieht Stettler, selbst auch Marktfahrer, aber nicht in Grossverteilern wie Migros oder Coop – sondern eher im Direktverkauf. «Es hat sich vieles verändert in der Pandemie. Wir selbst waren praktisch dazu gezwungen, einen Hofladen zu eröffnen.» Dieser laufe heute noch gut, so Stettler. Dennoch biete der Markt die frischesten Produkte an. «Das gibt es nirgends sonst.»

Manch einer schreckt bei einem Einkauf auf dem Markt vor den Preisen zurück. Teils sind sie höher als bei Grossverteilern. Doch die Preise haben ihre Gründe. Produktion, Lagerung, Arbeit, Strom, Infrastruktur – all das und mehr verursacht Kosten, die die Marktfahrer mit dem Erlös aus dem Verkauf ihrer Produkte abdecken müssen. «Dafür haben wir die frischesten Produkte und den höchsten Anteil an inländischer Produktion. Unsere Äpfel fahren höchstens von Bolligen nach Bern und nicht weiter.»

Solothurner Wochenmarkt ist «heilige Kuh»

Auch in Solothurn gelten Grossverteiler nicht als Konkurrenz. «Die Kundschaft schätzt es, dass sie Produkte direkt vom Bauernhof kaufen können», sagt Fritz Jenzer, Dienstchef Markt und innere Dienste von Solothurn. «Der Wochenmarkt ist zudem ein Treffpunkt für die Bewohnerinnen und Bewohner in- und ausserhalb der Stadt. Es ist ein Sehen und Gesehen-Werden.»

Am Samstag sei die Solothurner Innenstadt voll, der Wochenmarkt ist laut Jenzer sehr beliebt. Darum setze sich die Gewerbepolizei gemeinsam mit dem Verein «IG Märet Solothurn» dafür ein, dass der Markt wöchentlich stattfinden kann. «Wir können den Markt nicht einfach mal ausfallen lassen. Er ist – vor allem am Samstag – eine heilige Kuh.» Dieser Tag sei jeweils eine der grössten Einnahmequellen für die Marktfahrer.

Nischenprodukte bieten Chancen

Peter Höltschi, Medienverantwortlicher vom Zentralverband des schweizerischen Marktverbandes, beobachtet, dass in den Städten vermehrt Spezialwarenhändler ihre Läden aufgeben müssen und diese nur selten ersetzt werden. «Das bietet dem Markthandel Chancen. Verkäufer können diese Nischenprodukte aufnehmen und so zum stationären Handel ein ergänzendes Angebot bilden.»

Die Verkäufer am Wochenmarkt überzeugen zudem mit ihrem Fachwissen, so Höltschi. Die Kundschaft schätze die kompetente Beratung. Auch dass über lange Zeit immer der gleiche Verkäufer am Stand ist, fördere die Beziehung zu den Kundinnen und Kunden. «Das führt zu einem Vertrauensverhältnis, weshalb die Leute langfristig wiederkehrend auf dem Markt einkaufen.»

Markt als Teil des Tourismusangebots

«Bevor Touristen eine Stadt besuchen, gehört der Markt zu den Top 3 ihrer Google-Suchanfragen», so Hötschi. Für die Städte sei darum die Bedeutung des Wochenmarkts sehr gross und gehöre zum Standortmarketing. «Ein Markt gehört zum Stadtbild.»

«Es gibt keinen anderen Anlass, der so regelmässig so viele Personen in die Stadt zieht», bestätigt Walter Stettler. Darum sei der Schutz des Wochenmarkts umso wichtiger. Auch in der Politik und der Anwohnerschaft geniesst der «Bärner Märit» laut der Berner Gewerbepolizei eine grosse Akzeptanz.

veröffentlicht: 1. April 2023 10:01
aktualisiert: 1. April 2023 10:01
Quelle: BärnToday

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