Kritik an Bühnen Bern

Kommunikationsexperte: «Ein ‹No comment› ist ein ‹No-Go›»

20.10.2022, 09:14 Uhr
· Online seit 20.10.2022, 09:04 Uhr
Bühnen Bern wurde in den letzten Tagen für die Kommunikation im Bezug auf die Missbrauchsvorwürfen gegen einen Mitarbeiter gerügt. Patrick Suppiger, Vizepräsident des Schweizer Verbands für Krisenkommunikation, erklärt, was besser hätte gemacht werden können.
Anzeige

BärnToday: Kann man von aussen einordnen, ob die Kommunikation von Bühnen Bern nach einer bestimmten Strategie erfolgt?

Patrick Suppiger: Ich gehe davon aus, dass die Kommunikation von Bühnen Bern nicht einer Strategie folgt. Ich glaube auch, dass eine gewisse interne Kommunikation fehlt zwischen dem Träger und Bühnen Bern. Im ersten Moment war auch kein Wissen da. Ich gehe davon aus, dass es kein Krisenkommunikationskonzept gibt.

Bühnen Bern hielt sich bisher eher zurück mit Informationen. Wie würden Sie die Kommunikation im Allgemeinen beurteilen?

Grundsätzlich hat jeder das Recht, nichts zu sagen. Das ist legitim und das Unternehmen hat das Recht dazu. Es kann auch sein, dass im Falle einer juristischen Untersuchung, Bühnen Bern auch gar nichts sagen darf.

Wenn wir vom Standpunkt der Krisenkommunikation ausgehen, ist aber ein «No comment» ein «No-Go». Man hat immer die Möglichkeit, etwas zu sagen. Das ist eine Vorwärtsstrategie, die ich immer empfehle. Man muss sagen, was aktuell läuft, dass man Untersuchungen unterstützt und in die Zukunft blicken. So merkt man, dass etwas getan wird. Nicht einfach ein «No comment» oder eine «Salami-Taktik», bei der immer wieder häppchenweise Informationen kommen.

Bühnen Bern wird auch von öffentlichen Geldern unterstützt. Schuldet sie der Öffentlichkeit deshalb eine grössere Transparenz?

Ich glaube, es ist nicht anders als bei einem Unternehmen. Es gehört dazu, dass man kommuniziert. Ich denke wirklich, dass interne Kräfte gewirkt haben, das merkt man aus verschiedenen Medienberichten, das ist vielleicht auch der Hintergrund, warum es keine klare Strategie gegeben hat.

Eine offene Kommunikation ist das A und O. Heute sind wir wie in einem Fischglas, irgendeinmal kommt es immer aus. Beispielsweise bei einer Strafuntersuchung darf man Dinge nicht sagen, aber grundsätzlich gilt es als vertrauensbildend, wenn man als Institution hinsteht und sagt: «Es ist etwas passiert. Wir sind daran, das zu evaluieren und wir werden daraus Konsequenzen ziehen.» Am schönsten wäre, wenn man dann kommunizieren würde, wenn etwas herausgefunden wurde und auch die Konsequenzen mitgeteilt werden.

Was würden Sie Bühnen Bern empfehlen?

Ich empfehle immer, ein Krisenkommunikationskonzept zu haben. Sodass auch intern klar ist, wer kommuniziert und was wird kommuniziert. Es muss nicht in übertriebener Grösse sein, aber man sieht von aussen, dass man vorbereitet ist, kommunizieren kann und weiss, wer welche Botschaft absetzen kann. Und es wirkt auch professioneller nach aussen.

Gibt es sonst Dinge, die man beachten muss?

Eine Entlassung ist immer ein menschliches Drama. Es gibt jeweils auch Menschen, die mit der entlassenen Person gut zusammengearbeitet haben, das führt zu einer Polarisierung. Intern hat es vielleicht auch Stimmen gegeben, die nicht kommunizieren wollten. Dadurch zeigt sich ganz klar, dass keine Strategie vorhanden war und man gar nicht wusste, wie man richtig kommuniziert.

Mein Rat im Rahmen der Krisenkommunikation ist immer: Egal, was passiert ist. Man darf hinstehen und Auskunft geben. Es gibt Ausnahmen bei juristischen Geschichten oder wenn Blaulicht-Organisationen involviert sind. Es hilft aber immer zu zeigen, dass man gewillt ist, etwas zu ändern. Wichtig ist auch, dass wenn man der Öffentlichkeit etwas verspricht, dies auch getan werden muss, dies wäre sonst ein Eigentor.

(lae/pfl)

veröffentlicht: 20. Oktober 2022 09:04
aktualisiert: 20. Oktober 2022 09:14
Quelle: BärnToday

Anzeige
Anzeige
baerntoday@chmedia.ch