Kunstfund Gurlitt

Kunstmuseum Bern zieht Bilanz zu Gurlitt-Kunstfund

· Online seit 23.08.2022, 10:35 Uhr
Im Kunstmuseum Bern eröffnet im September die Ausstellung «Gurlitt - eine Bilanz». Der Kunstfund Gurlitt gilt als anspruchsvollstes Projekt, dass das Kunstmuseum je gestemmt hat.
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Das Kunstmuseum Bern zieht Bilanz über eines der anspruchsvollsten Projekte, das es je gestemmt hat: den Kunstfund Gurlitt. Es tut dies mit einer Ausstellung, die dem Publikum ab Mitte September offensteht.

Erstmals bietet sich so ein umfassender Einblick in die vielfältigen Dimensionen der Erforschung des umstrittenen Legats. Die Exponate erscheinen mit den Spuren ihrer Geschichte. Sie dokumentieren Kunstraub- und Handel der Nazizeit, wirken aber auch in ihren ästhetischen Qualitäten als Objekte des Sammelns, wie das Kunstmuseum Bern in einer Mitteilung schreibt.

Die Ausstellung will Antworten geben zur Provenienzforschung, zu den Herausforderungen im Umgang mit den Forschungsergebnissen und zudem aufzeigen, wie das Kunstmuseum Bern seine Verantwortungen wahrgenommen.

Hildebrand Gurlitt

Der Mann, der die Bilder zusammentrug war Hildebrand Gurlitt (1895–1956), eine schillernde Figur mit vielen Facetten. Er wird durch die Ausstellung in seinen unterschiedlichen Rollen erfahrbar: als Museumsdirektor, Kunsthändler und Ausstellungsmacher; als Sohn und Vater, dessen Leben mit dem deutschen Kaiserreich, der Weimarer Republik, dem Nationalsozialismus und der frühen Bundesrepublik Deutschland verbunden ist.

Die Ausstellung «Gurlitt - eine Bilanz» öffnet am 15. September ihre Tore und dauert bis Mitte Januar 2023.

Fette Schlagzeilen

«Nazi-Raubkunstschatz in Messi-Wohnung entdeckt»: so und ähnlich titelte die Weltpresse im November 2013, nachdem das Nachrichtenmagazin «Focus» über einen spektakulären Kunstfund in München berichtet hatte.

Fahndern war rund drei Jahre zuvor im Zug von Zürich nach München ein alter, etwas sonderbarer Mann aufgefallen, der viel Bargeld bei sich trug. Sie waren auf Cornelius Gurlitt gestossen, den Sohn von Hildebrand Gurlitt.

In Gurlitts Wohnung in München fanden die Fahnder 1200 Kunstwerke, von denen man annehmen musste, dass es sich um Raubkunst aus der Nazizeit handelte. Manche der Werke galten seit Jahrzehnten als verschollen. Im Fundus gab es Picassos, Monets, Renoirs, aber auch viele Werke der von den Nazis als «entartet» gebrandmarkten Kunst.

Die Weltpresse schlug ob des «Nazi-Schatzes» Purzelbäume und der alte, eigenbrötlerische Cornelius Gurlitt sah sich über Nacht ins Rampenlicht der Weltpresse gezerrt. Es folgte ein juristisches Seilziehen in Deutschland um die Werke und die Klärung ihrer Hintergründe.

Bald wurde auch klar, dass es in der Sammlung nur wenige Ölgemälde gab, die Millionen wert waren und wohl auch nur wenig wirklich als Raubkunst identifizierbare Werke. Der anfänglich als Milliardenschatz gehandelte Kunstfund schmolz unter den Augen der Weltpresse dahin.

Als Cornelius Gurlitt 2014 starb, hinterliess er die Werke zur Verblüffung aller dem Kunstmuseum Bern. Warum Gurlitt ausgerechnet auf Bern kam, wird für immer sein Geheimnis bleiben. Auf jeden Fall sah sich das im internationalen Vergleich kleine Kunstmuseum mit einem ausgesprochen schweren Erbe konfrontiert.

Aufarbeitung

In der Verpflichtung, den Funde aufzuarbeiten und Raubkunst zu restituieren, nahm das Kunstmuseum die Herkulesaufgabe an. Unterstützung erhielt es dabei auch aus Deutschland.

Nach mehrjähriger Forschungsarbeit wurden bisher neun Werke als Raubkunst identifiziert und an ihre ehemaligen Besitzer respektive deren Nachkommen zurückgegeben.

Viele Werke wiesen jedoch Lücken auf, was die Rückverfolgung ihrer Herkunft betrifft. Wo kein Verdacht auf Unrecht bestand, übernahm das Kunstmuseum die Werke in seinen Besitz. Wo Verdacht auf Unrecht bestand, gab das Museum seinen Besitzanspruch auf.

(sda/pfl)

veröffentlicht: 23. August 2022 10:35
aktualisiert: 23. August 2022 10:35
Quelle: BärnToday

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