Bern

1. Mai: Geheimnisse der Maitannli-Tradition in der Schweiz

Nacht auf den 1. Mai

Maitannli und Stäcklibuebe: Das steckt hinter den Traditionen

· Online seit 30.04.2024, 15:38 Uhr
In den Kantonen Bern, Solothurn und Aargau sind die Traditionen der Stäcklibuebe, Stellbuebe und der Maitannli in der Nacht auf den 1. Mai tief verankert. Wir erklären, woher sie kommen und wo die feinen Unterscheide liegen.
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In der Nacht auf den 1. Mai ist in der Region Mittelland mehr los als sonst. In Dorfzentren und Gärten werden hohe Maitannen aufgestellt und die Stäcklibuebe «verschleipfen» so manches, das nicht niet- und nagelfest ist auf den Dorfplatz. Das Bundesamt für Kultur hat auf der Webseite für lebendige Traditionen der Schweiz die beiden Phänomene detailliert beschrieben. Wir haben die wichtigsten Infos zu den Traditionen daraus zusammengefasst und ergänzt.

Warum heissen die «Stäcklibuebe» und «Stellbuebe» so?

Die «Stäcklibuebe» oder auch «Stellbuebe» haben ihren Ursprung im Militär. Der seltenere Begriff der «Stellbuben» geht darauf zurück, dass sich die jungen Männer der Armee «stellten». Für den Begriff der «Stäcklibuebe» gibt es eine Deutung, die auf die Zeit des Einfalls der Franzosen unter Napoleon in die Schweiz zurückgeht. Damals seien Männer durch das Los in die französische Armee eingezogen worden, weil sich zu wenig Freiwillige fanden. Dazu wurden mehrere «Stäckli» den auf dem Dorfplatz zusammengetrommelten ledigen Männern (oder eben «Buben») hingehalten. Wer ein kurzes Stäckli zog, musste für Napoleon in den Krieg ziehen. Diese Interpretation lässt sich jedoch laut Bundesamt für Kultur und Gesellschaft nicht mit Quellen belegen.

Warum werden Gegenstände weggetragen?

In der Nacht nach der Aushebung im Militär kehrten die jungen Männer nicht nach Hause zurück, sondern tranken das eine oder andere Gläschen Alkohol und trieben allerlei Schabernack. Beispielsweise entwendeten sie nachts Gegenstände aus Vorgärten und trugen diese an einem Platz zusammen. Dort mussten sie die Dorfbewohnerinnen und -bewohner tags darauf abholen.

Tradition in den Kantonen Bern, Solothurn und Aargau erhalten

Seit der Einführung von sechs grossen Rekrutierungszentren für die ganze Schweiz im Jahr 2003 ging diese Tradition vielerorts verloren, nicht aber in den Kantonen Bern, Solothurn und Aargau. Wer sich vor den «Entwendungen» schützen will, kann sich mancherorts vorab von den Stäcklibuebe eine Plakette kaufen, am Abend selber einen Batzen entrichten oder die Stäcklibuebe auf ein Gläschen einladen. Vereinzelt machen inzwischen auch Stäcklimeitli mit.

Zur Abfallentsorgung missbraucht

Die Tradition des «Verschleipfens» der Gegenstände treibt allerlei Blüten. Zum einen übertreiben es manche Stäcklibuebe und driften mit ihren Aktionen in Richtung Vandalismus ab, zum anderen nutzen die Einwohner die Gelegenheit und stellen alte Möbel und Gegenstände vors Haus, damit sie in der Nacht auf den 1. Mai weggetragen werden. Werden die Gegenstände dann nicht wieder vom Dorfplatz abgeholt, bleibt der Gemeinde oft nichts anderes übrig, als die alten Möbel auf eigene Kosten zu entsorgen.

Maitannli im Dorfzentrum

In vielen Solothurner und Aargauer Gemeinden sowie in Teilen des Kantons Bern (Oberaargau, teilweise Emmental und Seeland) stellen die jungen Männer zwischen Schulaustritt und dem 20. Lebensjahr auf einem zentralen Platz der Gemeinde einen Maibaum. Dabei bringen die jungen Männer Täfelchen mit den Namen ihrer Jahrgängerinnen an. Heute geschieht die Wahl der Tannen meist in Zusammenarbeit mit dem Förster, das Aufstellen in Zusammenarbeit mit der Gemeinde. In gewissen Regionen (z.B. Wasseramt und Thal im Kanton Solothurn) herrscht dabei eine Rivalität zwischen den Nachbarsgemeinden, und die Tannen werden in waghalsigen Aktionen gegenseitig wieder gefällt.

Quelle: Tele M1 Archivbeitrag vom 1. Mai 2021

Maitannli für die Liebste

Etwas älter ist die Tradition des Maitannli im Kanton Bern. Dort ist die Maitanne eine Liebesgabe der jungen Männer an eine junge Frau ihres Jahrgangs. Die Tanne wird auf dem Grundstück der Angebeteten errichtet, die Eltern der jungen Frau deponieren oft Proviant für die Stellbuben vor der Haustür (z.B. eine Kiste Bier). Haben sich mehrere junge Männer die selbe junge Frau ausgesucht, so darf gemäss Tradition die später eintreffende Gruppe die Tanne der ersten Gruppe fällen oder kürzen und ihre eigene Tanne platzieren.

Nach einem Monat werden die Stellbuben von der Empfängerin der Maitanne dann zu einem Abendessen eingeladen. Geschieht dies nicht, wird eine Strohpuppe anstelle der Maitanne platziert. Die ältesten Belege dieser Tradition reichen im Kanton Bern bis ins Jahr 1536 zurück. Damals störten sich die Behörden daran, dass die schönsten Tannen in den Wäldern für Liebesbekundungen gefällt wurden statt für den Bau von Häusern. Heute wird dieser Brauch im Kanton Bern vor allem noch im Oberaargau, Emmental und Seeland ausgeübt – und ähnlich auch im solothurnischen Bucheggberg.

Wir suchen die schönsten Maitannli der Region. Schick uns ein Foto auf 32today@chmedia.ch oder hier per Whatsapp:

veröffentlicht: 30. April 2024 15:38
aktualisiert: 30. April 2024 15:38
Quelle: 32Today

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