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Göläs Gitarrist ist jetzt Mundartsänger: Slädu über Gesangsdebüt, Luca Hänni und künstliche Intelligenz

«Hatte Bammel davor»

Mehr als nur Göläs Gitarrist: Slädu singt jetzt eigenen Mundartsong

· Online seit 08.09.2023, 17:57 Uhr
33 Jahre lang stand er mit der Crème de la Crème der Schweizer Mundartszene als Gitarrist auf der Bühne. Nun traut sich Slädu selbst vors Mikrofon. Im Interview mit BärnToday erklärt der gebürtige Kroate, warum er dem Berner Oberland eine Liebeserklärung widmet, warum ihn Luca Hänni fasziniert und ob künstliche Intelligenz künftig die Mundarthits schreiben wird.
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BärnToday: Du bist in der Öffentlichkeit vor allem als Göläs Gitarrist bekannt. Nervt dich dieses Label oder ist es eher ein Türöffner?

Das ist überhaupt nicht nervig. Ich bin stolz darauf, zusammen Musikgeschichte geschrieben zu haben. «Uf u dervo» ist noch immer eines der erfolgreichsten Mundartalben aller Zeiten. Diese Zeit werde ich nie vergessen. Es ist daher schön, wenn die Leute mich darauf ansprechen.

Das kommt also regelmässig vor?

Absolut. Das führt regelmässig zu lustigen Begegnungen. Als Gölä und Trauffer vergangenes Jahr im Letzigrund spielten, wurde ich des Öfteren gefragt, ob ich denn auch dort spiele. Dabei wurde die Band im Jahr 2002 aufgelöst. Aber es ist den Leuten offenbar noch immer präsent.

Nicht nur mit Gölä hast du gearbeitet, sondern auch mit anderen Schweizer Stars wie DJ Bobo oder Bligg. Mit wem machte die Zusammenarbeit besonders Spass?

Jeder Künstler hat seine Vorzüge. Ich konnte von allen etwas dazulernen – gerade auch was den Gesang betrifft. Am losgelöstesten war sicherlich die Zeit mit Luca Hänni. Er ist eine Frohnatur und dementsprechend lustig war auch die Tour mit ihm. Ich war damals als Ältester in der Band der «Papi» auf der Tour. Ich stellte die Band zusammen und hatte die musikalische Leitung. Das machte richtig Spass.

Was ist Luca Hänni für ein Typ, wenn man mit ihm zusammenarbeitet?

Luca Hänni ist immer offen für Ideen und ist einfach ein Duracell-Häsli. Er gibt immer Vollgas. Wie er sich in der Öffentlichkeit gibt, ist er auch privat – das zeichnet ihn aus. Deshalb ist er auch erfolgreich.

Du kannst auf eine erfolgreiche Karriere zurückblicken. Was war der prägendste Moment?

Ich bin seit 33 Jahren in der Musikszene aktiv, da gibt es enorm viele solche Momente. Meine Zeit als 19-Jähriger an der Gitarrenschule in Amerika war sicherlich insofern prägend, als dass sie den Weg für meine Karriere ebnete. Bon Jovi, Van Halen, Metallica und Guns n' Roses prägten damals Los Angeles als Hardrock- und Metalstadt. Und ich war mit meinen langen Haaren voll im Geschehen. Danach folgten so viele Stationen, die ich hier gar nicht aufzählen könnte. Jede motivierte mich dazu, weiterzumachen. Ein grosses Highlight war sicherlich «Uf u dervo»: ein Jahr lang in den Charts, Top 5, eines der meistverkauften Mundartalben. Es war schlicht und einfach ein Märchen.

Bei so viel Erfolg, gab es auch Tiefpunkte?

Selbstverständlich, die braucht es auch. Nur bei Tiefpunkten lernt man. Sie regen zum Nachdenken an und man kann sich durch sie verbessern. Der Applaus bringt einen nicht weiter, sondern bestätigt einen nur.

Mit «Hie Bi Üs» hast du nun deinen ersten Mundartsong als Sänger veröffentlicht. Wie kam es dazu?

Das war ein schleichender Prozess. Vor elf Jahren erschien mein erstes Soloalbum, auf dem mich bekannte Sänger unterstützen. Einer davon war Philipp Fankhauser. Er sagte damals zu mir: «Hör zu, Slädu, fange an zu singen. Du hast eine gute Stimme, die du mit deiner Gitarre kombinieren solltest.» Diesen Ratschlag nahm ich mir zu Herzen. In den letzten Jahren begann ich meine Songs zu singen, verbesserte meine Stimme in Coachings und entwickelte mich so weiter.

Der Song lag schon länger in der Schublade. Hattest du Bammel, ihn zu veröffentlichen?

Absolut. Es gibt so viele tolle Sänger in der Schweiz, mit denen ich zum Teil auch zusammenarbeiten durfte. Vor dem Singen empfinde ich daher eine Ehrfurcht. Zudem brauchte ich den richtigen Song. «Hie Bi Üs» lag schon länger in der Schublade. Als er wieder auf meinem Tisch landete, merkte ich schnell, dass er zu meiner Stimme passt und der Text dazu authentisch ist.

Der Song ist eine Liebeserklärung an die Schweiz und ans Berner Oberland. Du bist als Kind von Kroatien in die Schweiz gekommen. Ist das Lied sozusagen der Abschluss deiner Integration?

(lacht) Ich bin schon 49 Jahre hier, davon lebte ich zehn Jahre im Berner Oberland. Zu dieser Zeit entstand auch dieser Song. Ich habe der Schweiz vieles zu verdanken. Das sage ich aus vollem Herzen. Hinter dieser patriotischen Note stehe ich voll und ganz. Der Song ist meine Art, «Merci» zu sagen.

Was kommt als Nächstes? Bleibt es bei einem Mundartsong?

Momentan möchte ich diesem einen Song Raum geben. Ich bin auf die Reaktionen gespannt. Dann schauen wir weiter.

Bleiben wir bei der Zukunft, alles befindet sich derzeit im Wandel. Künstliche Intelligenz ist derzeit in aller Munde. Nenn mir drei Argumente, warum Gitarristen und Mundartsänger nie durch KI ersetzt werden.

Kreativität kann nicht ersetzt werden. Es gibt mittlerweile zwar auch in der Musikbranche gewisse Tools, die neue Songs zusammensetzen. Diese bauen aber auf bestehenden Songs auf. Das ist urheberrechtlich problematisch und wird sich daher hoffentlich nicht so schnell durchsetzen. Es wäre schade, wenn man uns beklauen würde. Wir leben schlussendlich davon.

Das Urheberrecht ist es ein Problem, die Kreativität leidet. Fällt dir noch etwas Drittes ein?  

Künstliche Intelligenz kann im Gegensatz zu uns Künstlern keine eigenen Impulse setzen. Wie bei Chat-GPT werden aus bestehenden Dingen neue Inhalte entwickelt. Auch ich habe Chat-GPT schon ausprobiert.

Aber «Hie Bi Üs» hast du damit nicht geschrieben?

Definitiv nicht. Der Song entstand 2009, damals gab es das noch nicht.

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veröffentlicht: 8. September 2023 17:57
aktualisiert: 8. September 2023 17:57
Quelle: BärnToday

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