«Hetzkampagne»

Im Emmental geraten sich Tierschützer wegen totem Büsi in die Haare

10.02.2023, 19:26 Uhr
· Online seit 09.02.2023, 13:58 Uhr
Zwischen dem Verein «Tierlihilfe» aus Häusernmoos und dem Tierschutz Emmental ist ein Streit entbrannt. Der Auslöser? Ein totes Büsi – und die Frage, wer dafür verantwortlich ist.
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Vor einigen Tagen kontaktierte eine Frau den privaten Verein «Tierlihilfe» in Häusernmoos im Emmental, weil ihr eine Katze zugelaufen ist und es dieser sehr schlecht ging. Da die Verantwortliche der «Tierlihilfe», Claudine Gsponer, keine Zeit hatte, sich auf den Weg zum Büsi zu machen, gab sie die Anfrage an den Tierschutz Emmental weiter. Dieser ist eine der offiziellen Organisationen des Schweizer Tierschutzes in der Umgebung. Aber auch dort konnte die Anfrage nicht bearbeitet werden, da zum Zeitpunkt niemand Telefondienst hatte, respektive die Geschäftsstelle nicht geöffnet war.

Da sich bis am Abend immer noch niemand für die Pflege der Katze gemeldet hatte, rückte schlussendlich doch die «Tierlihilfe» aus und nahm sich des Tieres an. Trotz tierärztlicher Behandlung musste das Tier am Folgetag eingeschläfert werden.

Frage der Ressourcen

Obwohl im Nachhinein klar wurde, dass das Tier wohl an Altersschwäche und nicht an unterlassener Hilfeleistung gestorben war, äusserte die Leitern des Vereins «Tierlihilfe» ihren Unmut über den Vorfall wenig später öffentlich auf Facebook. Sie schrieb, dass Katzen in Not die offiziellen Ansprechzeiten einer Tierschutzorganisation nicht kennen würden. «Mich störte, dass sich bis am Abend niemand bei der Frau gemeldet hat, obwohl ich die Anfrage weitergegeben habe», so Gsponer. «Ich arbeite Vollzeit und kann nicht immer bei jedem Notfall gleich ‹springen›».

Genau das Gleiche sagt Sandra Schär, Präsidentin des Tierschutz Emmental. «Bei uns steht nirgends ‹24 Stunden geöffnet›. Ich weiss nicht, woher diese Annahme kommt, dass wir immer auf Abruf sein müssten. Und selbstverständlich versuchen wir alles zu machen für das Tierwohl, aber da alle bei uns berufstätig sind, kann es länger dauern, bis Anfragen beantwortet werden.» Dreimal in der Woche wird das Tierschutz-Telefon bedient, jeweils am Montag, am Mittwoch und am Freitag für zwei Stunden: «Wir machen das alle ehrenamtlich, weil uns das Tierwohl so am Herzen liegt.»

«Hetzkampagne» im Netz

Die Präsidentin des Tierschutz Emmental stört sich vor allem daran, dass ihre Organisation auf Facebook nun in ein schlechtes Licht gerückt werde. Einerseits durch den Post von der «Tierlihilfe», andererseits durch die Kommentare darunter. «Es ist eine richtige Hetzkampagne», sagt Sandra Schär ernüchtert. «Man bekommt das Gefühl, dass wir vom Tierschutz Emmental einfach eine ruhige Kugel schieben und nichts machen, was aber natürlich überhaupt nicht stimmt.» Das seien «haltlose Anschuldigungen und ist rufschädigend». Dabei wolle Schär doch gar keinen Krieg führen: «Das Verrückte ist, dass wir eigentlich alle dasselbe wollen: den Tieren helfen.»

Claudine Sponer von der «Tierlihilfe» meint, sie habe niemanden öffentlich angegriffen, keine Namen genannt und nur Fakten dargelegt. «Ich finde es wichtig, dass die Leute wissen, dass die offiziellen Tierschutzvereine offenbar nicht verpflichtet sind, bei Notfällen auszurücken», so Gsponer. «Es gibt so viel Unmut, wenn man ein krankes Tier hat, jemanden erreichen will und sich niemand zurückmeldet oder nicht ausrückt. Da fühlt man sich alleingelassen.» Sie wünsche sich als private Organisation eine gute Zusammenarbeit mit den anderen Tierschutzorganisationen, sagt aber gleichzeitig: «Der Tierschutz Emmental ist für mich keine Option mehr, wenn es um die schnelle Rettung eines Tieres geht. Ich habe jetzt gelernt, immer einfach selbst auszurücken, wenn irgendwie möglich.»

Wer zahlt für ein fremdes Tier?

Wer tatsächlich für den geschilderten Katzen-Fall zuständig gewesen wäre, lässt sich nicht abschliessend sagen und müsste der Schweizer Tierschutz beurteilen.

Wieso gehen aber Leute, denen eine herrenlose Katze zugelaufen ist, nicht einfach zum Tierarzt? Auch da hat Gsponer eine Antwort: «Seit jeher ist es gesetzlich nicht geregelt, wer für die Behandlungskosten einer herrenlosen Katze aufkommt.» Denn selten zahlen Menschen für Tiere, die ihnen nicht gehören. Und da kommt dann wieder der Tierschutz zum Zug, welcher aushilft, aber selbst kaum Geld hat und sich über Spenden finanziert.

Beim Beispiel «Tierlihilfe» Häusernmoos ist die Organisation privat und erhält keine Unterstützung. Der Tierschutz Emmental gehört dem Schweizer Tierschutz an und erhält deshalb von diesem einen kleinen Beitrag. Weiter finanziert er sich aber zusätzlich durch Spenden von Privaten, durch Mitgliederbeiträge oder bekommt Beiträge von der Susy Utzinger Stiftung. Laut der Präsidentin Sandra Schär ist nicht nur der personelle Ressourcenmangel ein Problem, sondern eben auch das Geld: «Wenn wir weiter so viel ausgeben, haben wir in fünf bis sechs Jahren keines mehr.» Und wenn man dann in den sozialen Medien noch dargestellt werde, als mache man seine Arbeit nicht zufriedenstellend, sei das für die Situation sicherlich nicht förderlich.

veröffentlicht: 9. Februar 2023 13:58
aktualisiert: 10. Februar 2023 19:26
Quelle: BärnToday

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