«Planespotting»

Wieso ein Berner Flugzeug-Fan hunderte Stunden an Landebahnen verbringt

22.02.2023, 07:22 Uhr
· Online seit 22.02.2023, 06:07 Uhr
Wie Paparazzi, aber nicht auf der Jagd nach dem besten Starfoto, sondern nach dem besten Foto eines speziellen Flugzeugs: die Planespotter. Ein Berner erzählt, was ihn am Hobby fasziniert und welche Maschine er am liebsten vor der Linse hat.

Quelle: BärnToday / Matthias Hänni / Rahel Stähli / Warner Nattiel

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«Schon als kleiner Junge bin ich von Flugzeugen fasziniert gewesen», erzählt der Berner Matthias Hänni. Er sei früher mit seinem Vater oft an den Flughafen Belp gefahren, um die startenden und landenden Maschinen zu beobachten. «Da sass ich im Kindersitz hinten auf dem Mofa meines Vaters und blickte staunend in den Himmel», erinnert sich der 45-Jährige, der beruflich nichts mit der Fliegerei zu tun hat, sondern im Online-Marketing tätig ist. «Im Belpmoos ‹Flugi› bestaunen, war für mich als Kind enorm prägend.»

Fasziniert von der Fliegerei

Seit er denken kann, macht Matthias Hänni Fotos von Flugzeugen. Vor rund 13 Jahren hat er zudem angefangen, die – für ihn speziellen – Maschinen auch zu filmen und die Clips und Bilder online zu stellen. Am liebsten hält sich der Belper an «seinem Heimflughafen» im Belpmoos auf, er ist aber auch des Öfteren in Zürich, wegen der grossen Maschinen, und in Samedan GR, wegen der atemberaubenden Aussicht. Extra ins Ausland reist er für sein Hobby aber kaum.

Hänni hat grosses Interesse an verschiedenen Flugzeugtypen. «Schöne Bemalungen mit Tiermotiven oder auch einfach bunter Lack gefällt mir sehr», so der Berner. Aber auch alte oder brandneue Maschinen haben es ihm angetan. Hingegen ein «Militärspotter», das sei er weniger. Den neuen Kampfjet habe er noch nie gesehen, dem «springe» er nicht nach.

Spannend seien zudem die Entwicklungen der Flugzeuge: «Es gibt neue Businessjets, welche  von der Umweltverträglichkeit her immer besser werden, zum Beispiel mehr Treibstoff sparen. Oder leisere Triebwerke sind auch faszinierend.»

Freundschaften mit Piloten

Die Infos, wo die Flieger wann landen, sucht sich Matthias Hänni auf den verschiedensten Plattformen zusammen, Beispiele dafür sind «flightradar24» oder «RadarBox». Auch kenne er mittlerweile einige Piloten, welche manchmal anrufen und ihm ihre Standorte mitteilen würden. «Die wollen dann ein möglichst schönes Video von der Maschine, mit welcher sie unterwegs sind». Auch würden die Piloten über die Social-Media-Kanäle von Hänni auf seine Videos aufmerksam. Weil er auf Youtube so erfolgreich ist, wurde er ins Partnerprogramm der Online-Plattform aufgenommen. Dafür gebe es eine monatliche Entschädigung. Ausserdem arbeite er hie und da mit TV-Sendern wie dem SRF oder dem ZDF zusammen.

Im Ausland sei «Planespotting» schwieriger als in der Schweiz, ist Hänni überzeugt. «Als Zaungast kann man bei uns easy Aufnahmen machen, das ist im Ausland nicht überall so. Auf dem Flughafenareal ist es schwieriger. Ich durfte aber auch schon mit Security-Leuten oder Piloten näher an die Maschinen ran. Da braucht es dann einfach eine Bewilligung, dass man dort Aufnahmen machen kann. Auch muss ich wie jeder Passagier durch die Sicherheitskontrolle».

Wenn er dann so nahe an den Maschinen ist, bekomme er manchmal berühmte Persönlichkeiten zu Gesicht: «Ich habe schon diverse Sportcharter oder Regierungsjets gesehen, einmal stieg die damalige Bundeskanzlerin von Deutschland aus dem Flieger, Angela Merkel.» Dort sei aber klar, dass man diesen Personen ihre Privatsphäre lässt und sie nicht fotografiert. Sowieso interessiere sich Hänni viel mehr für die Flugzeugtypen als für die Promis.

WC-Pause musste warten

Da manche Flieger später abfliegen oder ankommen als geplant, ist beim Planespotting viel Geduld gefragt. «Einmal hatte ein Jet aus Angola grosse Verspätung. Er hätte am Morgen abfliegen sollen, der Start wurde aber immer wieder nach hinten verschoben. Ich brachte mich um halb 7 in Position – abgeflogen ist die Maschine dann erst nach dem Mittag. Ich habe mich aber kaum getraut auf die Toilette zu gehen, aus Angst, den Flieger zu verpassen. Geschweige denn etwas zu essen oder zu trinken. Das war schon anstrengend.»

Normalerweise sei man pro Tag zwischen 2 und 3 Stunden am Flughafen. Länger könne Matthias Hänni auch nicht bleiben, denn obwohl seine Frau viel Verständnis für die Fliegerei habe, müsse er dann schon irgendwann zu Hause sein zum «z'Nacht». Zum Glück gebe es aber in Belp beim Flughafen schöne Felder, «sodass ich Blumen pflücken und nach Hause bringen kann, um mich zu entschuldigen.»

Jumbolino als Trostspender

Wie jeder Flugzeugspotter habe auch Matthias Hänni gewisse Maschinen, bei denen sein Herz noch etwas höher schlägt als bei anderen. «Ich freue mich darauf, wenn der Falcon 10X endlich mal nach Bern kommt.» Diese Maschine des französischen Herstellers Dassault Aviation befindet sich noch in Entwicklung. Aber die Nummer 1 für Matthias Hänni ist seit Jahren die BAe 146, umgangssprachlich Jumbolino genannt: «Ein vierstrahliges Düsenflugzeug aus England, welches im Jahre 1982 seinen Jungfernflug von London nach Bern absolvierte». Auch die Queen sei in diesem Flugzeug umhergereist.

In den schwersten Stunden seines Lebens spendete Matthias Hänni die Maschine Trost. Er selbst hätte gerne das Fliegen erlernt, war aber früher gesundheitlich angeschlagen und verbrachte einige Zeit im Inselspital in Bern im obersten Stock. «Von dort aus konnte ich Flugzeuge beobachten – wenn ich die BAe 146 sehen konnte, freute mich das immer enorm.»

veröffentlicht: 22. Februar 2023 06:07
aktualisiert: 22. Februar 2023 07:22
Quelle: BärnToday

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