Schutz vor Ex-Partnern: Bern sagt Cyberstalking den Kampf an
Im Jahr 2023 meldeten sich 98 Personen bei der Fachstelle Stalking-Beratung der Stadt Bern. Frauen machen mit 87 Prozent weiterhin die Mehrheit der Ratsuchenden aus. Bei 81 Prozent der gemeldeten Fälle war die stalkende Person männlich, bei 16 Prozent weiblich und bei 3 Prozent war das Geschlecht nicht bekannt.
Stalking in Ex-Partnerschaften
Nach wie vor die meisten Stalking-Fälle (47 Prozent) werden im Rahmen von Ex-Partnerschaften verzeichnet. Das Stalking im nachbarschaftlichen Kontext hat sich mit 7 Prozent wieder auf dem Niveau von vor der Corona-Pandemie eingependelt. Während der Pandemie hatte sich das Stalking merklich in den Radius der Nachbarschaft verlagert. Wieder leicht erhöht hat sich nach der Pandemie der Anteil an fremden Stalkerinnen und Stalker.
Zunehmende Verlagerung in den Cyberbereich
Mit der Digitalisierung hat sich auch das Phänomen Cyberstalking akzentuiert. Die Fachstelle Stalking-Beratung der Stadt Bern nimmt dies als wachsendes Problem wahr. 2023 erlebte die Mehrheit der Ratsuchenden Stalking sowohl in der realen Welt (offline) als auch im digitalen Bereich (online).
In fast 60 Prozent der Anfragen erlebten die Ratsuchenden mindestens eine Cyberstalkinghandlung. Auffallend war dabei, dass Cyberstalking insbesondere von ehemaligen Intimpartnern begangen wird.
Neue Checklisten und Merkblätter
Aus diesem Grund macht die Fachstelle bei Cyberstalking auf die Wichtigkeit einer digitalen Trennung aufmerksam und hat diesbezüglich weitere Beratungsunterlagen entwickelt. Diese enthalten konkrete Anleitungen, wie eine stalkende Person auf dem Smartphone sowie Festnetz und E-Mail zu blockieren ist. Ausserdem steht neben dem persönlichen Beratungsangebot den Ratsuchenden neu auch das Merkblatt «Digitale Trennung – Checkliste bei Cyberstalking durch Ex-Partner*in» zur Verfügung.
Diese Checkliste macht auf bestimmte Sicherheitspunkte aufmerksam, damit die betroffene Person wieder die alleinige Kontrolle über ihre Geräte und Accounts hat. «Viele Paare nutzen gemeinsame Partner- oder Familienapps. Es ist deshalb wichtig, dass im Falle von Stalking solche Apps nicht nur gelöscht, sondern auch weitere Verbindungen im Hintergrund getrennt werden», sagt Natalie Schneiter von der städtischen Fachstelle für Stalking-Beratung.
Gesetzeslücke als erschwerende Tatsache
Bei fast der Hälfte, der bei der städtischen Stalking-Beratung gemeldeten Fälle, kann keine Strafanzeige gemacht werden. Der Grund dafür ist, dass Stalking als Ganzes in der Schweiz nach wie vor keinen eigenen Straftatbestand darstellt. In der Schweiz kann Stalking nur strafrechtlich verfolgt werden, wenn sich die stalkende Person beispielsweise wegen Sachbeschädigung, Missbrauch einer Fernmeldeanlage, Drohung oder Nötigung strafbar macht.
«Wie aus den Beratungsgesprächen der Fachstelle hervorgeht, wäre eine klarere Gesetzgebung für viele Betroffene eine grosse Erleichterung. Entsprechend wäre die zurzeit in der Politik diskutierte Anpassung des Strafgesetzes zum Schutze vor Stalking zu begrüssen», betont Natalie Schneiter.
(pd/rst)