Fall kommt vors Obergericht

Berner Inselspital legt im Rechtsstreit mit Ärztin Berufung ein

29.02.2024, 11:36 Uhr
· Online seit 29.02.2024, 09:02 Uhr
Das Berner Inselspital legt im Zivilprozess gegen die ehemalige Oberärztin Natalie Urwyler Berufung ein. Es sei nicht nachvollziehbar, weshalb die Inselgruppe nach der Freistellung der Ärztin verpflichtet gewesen sein soll, diese auch in Abwesenheit zu befördern.

Quelle: TeleBärn / Quinn Lauener / BärnToday / Warner Nattiel

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Damit wird sich als nächstes das Berner Obergericht mit dem weitverzweigten Fall befassen. Ende Januar hatte Natalie Urwyler einen Entscheid des erstinstanzlichen Regionalgerichts Bern-Mittelland bekannt gemacht. Sie hatte darin teilweise Recht erhalten.

Demnach hätte Urwyler ab Mitte August 2014 Anspruch auf einen höheren Anteil aus Geldern eines Honorarpools gehabt. Dass das Spital ihr zu diesem Zeitpunkt bereits gekündigt hatte, war laut Gericht nicht entscheidend. Es sei davon auszugehen, dass die Medizinerin alle Voraussetzungen für eine Beförderung erfüllt und damit Anspruch auf mehr Geld gehabt hätte.

Gestörtes Vertrauen

Das Vertrauensverhältnis mit der Ärztin sei gestört gewesen, teilte die Inselgruppe am Donnerstag mit. Es sei nicht nachvollziehbar, unverständlich und realitätsfremd, dass freigestellte Arbeitnehmende, die ein gestörtes Vertrauensverhältnis zu ihren Vorgesetzten hätten, Anspruch auf Beförderung haben sollten.

Quelle: TeleBärn / Mirjam Klaus / BärnToday / Warner Nattiel

Selbst aktive Angestellte hätten keinen Anspruch auf Beförderung, hielt die Spitalgruppe in ihrer Mitteilung fest. Die Spitalgruppe legt deshalb Berufung ein und will den Entscheid durch das Obergericht prüfen lassen. Dies umso mehr, weil die Tragweite des erstinstanzlichen Entscheids gross sei und kaum abschätzbare Auswirkungen auf die gesamte Arbeitswelt haben könne, wie die Inselgruppe in ihrer Mitteilung schreibt.

Persönlicher Streit oder Diskriminierung?

Die Spitalgruppe sieht den Kern des Rechtsstreits in einem persönlichen Konflikt der Ärztin mit ihrem damaligen Vorgesetzten. Urwyler wiederum sieht sich geschlechterspezifisch durch ihren Arbeitgeber diskriminiert.

Natalie Urwyler stand vor über zehn Jahren am Anfang einer vielversprechenden Karriere. Sie arbeitete am Berner Inselspital als Oberärztin. Dabei sei sie im Vergleich mit ihren männlichen Kollegen nicht gefördert worden und sei langsamer vorangekommen, machte sie geltend.

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Nach der Geburt ihres Kindes wollte die junge Ärztin ihr Pensum reduzieren, was das Inselspital aber nicht wollte. Nach längerem Hin und Her erhielt sie im Jahr 2014 die Kündigung. Gegen diese Rachekündigung hat sie sich gestützt auf das Gleichstellungsgesetz erfolgreich auf dem Rechtsweg gewehrt. Das Spital stellte Urwyler danach wieder ein, um sie gleich darauf freizustellen. Diesen Status hat sie bis heute. Sie hat sich unterdessen an einem anderen Arbeitsort eine neue Karriere aufgebaut.

Ausgebliebene Beförderung

Vor dem Regionalgericht Bern-Mittelland hatte Urwyler weitere Diskriminierungen geltend gemacht – etwa, dass sie als Frau nicht befördert worden sei. Darum habe sie auch weniger Gelder aus dem privatärztlichen Pool erhalten.

Das Inselspital wiederum liest für sich auch Positives aus dem erstinstanzlichen Urteil: So sei die Ärztin während ihrer Aktiven Tätigkeit nicht geschlechterspezifisch diskriminiert worden. Ein diesbezüglich erstelltes Gutachten habe das Gericht als «vollständig, in sich widerspruchsfrei und nachvollziehbar» taxiert.

(sda/raw)

veröffentlicht: 29. Februar 2024 09:02
aktualisiert: 29. Februar 2024 11:36
Quelle: BärnToday

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