Berner Generationenhaus

«Die Bedeutung des Erfolgs geht heute über ein gesundes Mass hinaus»

15.09.2023, 09:23 Uhr
· Online seit 14.09.2023, 07:06 Uhr
Das Berner Generationenhaus widmet sich ab Donnerstag für sieben Monate dem Thema Erfolg. Welche Angebote gibt es? Was steckt hinter dem «Raum zum Scheitern»? Und wie definiert ein Hochschulprofessor Erfolg und Scheitern?
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«Erfolg. Eine Standortbestimmung.» So lautet der neue Themenschwerpunkt des Berner Generationenhauses. Bis im April 2024 soll man auf dem Generationenhaus-Gelände alltägliche Erfolgsmomente feiern können, sich mit unterschiedlichen Erfolgsmodellen auseinandersetzen und das Scheitern enttabuisieren.

Doch wie soll das überhaupt gelingen? «In unserer Welt haben Misserfolge einen schlechten Ruf», sagt Andrea Hipp, Mitglied der Generationenhaus-Programmleitung. «Wir wollen Raum schaffen, um sich mit den persönlichen Momenten des Scheiterns auseinanderzusetzen und sich spielerisch im Scheitern zu üben.»

Übers Scheitern sprechen

In diesem «Raum zum Scheitern», den es so tatsächlich gibt, sollen Besucherinnen und Besucher anhand von Fragen an ihre eigenen Erfahrungen des Scheiterns herangeführt werden. Ausserdem sind verschiedene Stimmen von Menschen zu hören, die über ihr Scheitern sprechen. «Ziel ist es, dass die Besucherinnen und Besucher merken, dass sie mit ihrem Scheitern nicht alleine sind und viele andere Menschen auch schon gescheitert sind», erklärt Hipp. Wer möchte, kann auch die eigene Geschichte des Scheiterns im Raum deponieren und sich mit ihr versöhnen.

Nebst dem Scheitern steht aber vor allem der Erfolg im Zentrum. Mit der Installation «Erfolg auf Knopfdruck» wird darauf eingegangen. Auf 100 Knöpfen sind kleine Erfolgsmomente wie «Nein gesagt» oder «Schlüssel gefunden» zu lesen. Drückt man einen Knopf, ertönt ein Lied, mit dem man diesen kleinen Erfolg feiern kann. «Es soll Spass machen und einen daran erinnern, dass Erfolg nicht immer gross und spektakulär sein muss», so Hipp.

Erfolg als Glücksbringer?

Mit verschiedenen anderen Angeboten und Veranstaltungen wie dem «Wissen zum Zmittag» werden Fragen wie «Wie sieht eine gesunde Fehlerkultur am Arbeitsplatz aus?» oder «Macht Erfolg glücklich?» angesprochen. Über Letzteres wird Mathias Binswanger, Professor für Volkswirtschaft an der Fachhochschule Nordwestschweiz, sprechen.

«Erfolg hat heute eine Bedeutung, die über ein gesundes Mass hinausgeht und dem Glücksempfinden abträglich ist», sagt Binswanger. Erfolg sei zum wichtigsten Element des Lebens gemacht worden. Durch die sozialen Medien sei das Vergleichen ein noch grösseres Thema geworden. «Das Problem ist, dass es dabei viele Verlierer und nur wenige Gewinner gibt», meint Binswanger und ergänzt: «Selbst wenn man erfolgreich ist, geht es nur darum, den Erfolg zu verteidigen und weiterhin erfolgreich zu sein.»

Weniger vergleichen

Um aus diesem Hamsterrad auszubrechen, empfiehlt Mathias Binswanger, sich weniger mit anderen zu vergleichen. «Man muss nicht immer alles messen und schauen, wer wie viele Follower auf den sozialen Medien hat.» Man könne beispielsweise laufen gehen, ohne jedes Mal zu schauen, wie viele Schritte man in welcher Zeit absolviert hat.

Dass sich dies in naher Zukunft ändern könnte, denkt der 60-jährige Ökonom nicht. «Ich denke eher, dass es so weitergehen wird, weil man immer mehr Möglichkeiten hat, sich zu messen und zu vergleichen.» Umso wichtiger sei es, sich die Frage zu stellen, inwieweit man da mitmachen wolle.

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veröffentlicht: 14. September 2023 07:06
aktualisiert: 15. September 2023 09:23
Quelle: BärnToday

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